Berlinale – „Oeconomia“

Filmkritik "Oeconomia" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Petrolio/Dirk Lütter

Carmen Losmann bewertet nicht, stellt nur dar, moderiert die Recherchearbeiten und fasst zusammen.  Aus einer  auf dem blauen Teppich vor den gigantischen Glaspalästen der Wirtschaftsunternehmen und Banken entwickelt sich aus dem kapitalistischen Spiel der 80er Jahre die kapitalistische Realität von heute. Das Spiel, aber auch die  renonmmeesüchtige  Glasarchitektur der  Wolkenkratzer suggerieren Transparenz, die das kapitalistische System geschickt vertuscht. Panoramablick immer wieder  durch große Glasfassaden von oben  auf die Niederungen kleinbürgerlicher Existenzen verdeutlicht einmal mehr das Ungleichgewicht der sozialen Hierarchien. 

In der Realität ersetzen zunehmend Kredite das Geld. Mit jedem Kredit schafft die Bank neues Geld. Immer neue Kredite müssen rekrutiert werden, um die alten abzusichern. Die Umlauf-Geldmengen steigern sich immer  schneller. Das System wird immer fragiler. 

Das transparent zu machen, war vielen  Wirtschaftsunternehmen und Kreditinstituten zu heiß. Anfragen wurden ignoriert oder abgewiesen, Interviewtermine gekürzt, Meetings nur als Nachstellung ohne Einsicht in die Authentizität  für Filmaufnahmen erlaubt. 

Dennoch ist der Film überaus überzeugend, denn zögerliche Antworten und Ratlosigkeit  der Gesprächspartner sprechen für sich, geben dem Dokumentarfilm situationsbedingt zuweilen eine erfrischend  parodistische Wirkung. Auf einem Screen wie früher in ein Schulheft mit Merksätzen und einfachsten Skizzen fixiert, haken sich die wichtigsten Rechercheergebnisse nachhaltig in das Gedächtnis ein. 

Wohin das alles führt? Der Click auf „Exit“ gibt symbolisch die Antwort und baut  damit nicht nur im  Wortklang zu Lars von Triers „Melancholia“ eine Brücke, sondern auch zu dessen endzeitlicher Stimmung.

Alternativen werden nicht angesprochen. Das wäre „ein eigener Film“, so Carmen Losmann beim Interview nach der Weltpremiere. 

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©Michaela Schabel

Die Drehbuchautorin, Regisseurin und Filmproduzentin wurde auf der „DOK“ 2011 in Leipzig mit „Work Hard, Play Hard“ mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Man darf gespannt sein auf das Echo der Wirtschaft, wenn  der Film nach der Berlinale in die Kinos kommt.