Landshut – Puccinis „La Bohème“ am Landestheater Niederbayern mit Fragezeichen

Opernkritik Puccini "La Bohéme" im Landestheater Niederbayern präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Schwungvoll setzt das Orchester ein, entfaltet einen warmen Farbklang mit witziger Rhythmik. Die Bühne präsentiert das Gegenteil. Es ist hundekalt in der kleinen, schmucklosen Mansarde am Heilig Abend. Trotzdem wissen die Bohemiens zu feiern. Als Mimi von nebenan um etwas Licht für ihre Kerze anklopft, entflammt die große Liebe zwischen ihr und Rudolfo…

Berlin – Händels Oper „Hercules“ an der Komischen Oper – ein spannendes Eifersuchtsdrama

Berlin - Händels Oper „Hercules“ an der Komischen Oper - ein psychologischer Krimi über die Eifersucht

Zuerst Sehnsuchtsleid, dann Wiedersehensfreude und kurz darauf wegen eines Gerüchts abgrundtiefe Eifersucht bis zum Mord und Wahnsinn. Händels Oratorium „Hercules“ ist eine Achterbahn der Gefühle, die in einem Feuerwerk großer Arien, fulminanter Chorsätze und einer subtilen Orchesterpartitur hörbar werden. 
Ganz ohne Glitzer und Glamour puristisch gelingt es Barrie Kosky eine überaus spannende Version, inszeniert für die Oper Frankfurt in Kooperation mit der Komischen Oper Berlin… 

Augsburg – Welturaufführung von Arnold Schönbergs Oper „Erwartung“ als VR-Game

Schönbergs Oper "Erwartung" im Staatstheater Augsburg präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Selbst in der Oper mitspielen, in die Rolle der Hauptfigur schlüpfen, deren Probleme fühlen und erleben, dabei noch Aufgaben lösen? Das Staatstheater Augsburg mit einer eigenen digitalen Abteilung deutschlandweit in diesem Bereich federführend macht es möglich. Mit der Welturaufführung von Arnold Schönbergs erster Oper „Erwartung“ als dreidimensionales Computerspiel hat es ein Alleinstellungsmerkmal. Nach zwei sehr intensiven Entwicklungsjahren ist das „ein ganz besonderer Moment“, so Intendant André Bücker, „es beginnt eine neue Phase der Bühnengeschichte.“ Der Zuschauer nimmt nicht nur die Position der Hauptfigur ein, sondern spielt aktiv mit, allerdings ohne Belohnungspunkte…

München – Tschaikowskis Oper „Pique Dame“ in der Staatsoper

Opernkritik "Pique Dame" in München präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Aus der melancholischen Grundstimmung entwickeln sich wuchtige Crescendi, durchbrochen von galoppierenden Tempi, gewaltige Paukenschläge und verebben in einer ruhigen Liebesmelodie. Im Spannungsfeld großer Leidenschaften entfaltet sich Tschaikowkis  „Pique Dame“ an der Münchner Staatsoper. Zu hören und zu sehen gibt es viel russische Seele im modern reduzierten Kontext, einen atmosphärischen, spannenden Opernabend ohne politische Bezüge

Regensburg – Die Uraufführung von Peter Eötvös’ neuer Komposition „Valuschka“, ein groteskes Theater mit Musik und politischem Tiefgang

Opernkritik Peter Eötvös "Valuschka" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de.

Düster, grotesk, surreal präsentiert Peter Eötvös seine neue, 14. Oper in zwei Versionen, in Ungarisch als Auftragsarbeit für die Staatsoper in Budapest seit Ende 2023 und in Deutsch mit 30-prozentiger Neubearbeitung jetzt in Regensburg, so Intendant Sebastian Ritschel. Es ist eine bitterböse Satire über Macht und Machtmissbrauch, Männerdominanz und apokalyptische Endzeitstimmung, komplex, spannend mit irrlichternden Bezügen zur Gegenwart. Die Realisation war eine Mammutaufgabe, die sich über zweieinhalb Jahre hinzog. Die künstlerische Umsetzung ist ein weiterer Erfolg den künftigen Status als Staatstheater schon im Visier…

Landshut – Händels Barockoper „Xerxes“ im Landestheater gut gesungen, fragwürdig inszeniert 

Opernkritik "Xerxes" am Landestheater Niederbayern präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Federleicht, tänzerisch zwischen Streichern und Bläsern dialogisierend lässt Dirigent Fabio Cerroni, langjähriger Repetitor an der Bayerischen Staatsoper, dort und mit den Bamberger Symphonikern regelmäßiger Cembalist, bereits bei der Ouvertüre aufhorchen. Unter seiner temperamentvollen,  musikalischen Leitung zeigt die Niederbayerische Philharmonie hohes Niveau. Händels witziges Verwirrspiel um die Liebe komplementiert mit den vielseitigen Instrumenten des Basso Continuo wird klangschön interpretiert. Doch die hohe Erwartungshaltung rutscht mit dem ersten Blick auf Bühne und Kostüme etwas nach unten. Eine Villa am Bosporus, eher ein Resopal-Wohnraum in Rot- und Türkistönen verortet das herrlich überzogene Barockspektakel um „Xerxes“ Liebesavancen in eine biedere Boulevardkomödie, verstärkt durch Kostüme bar jeglichen Esprits im Stil…

Berlin – Kirill Serebrennikovs Inszenierung von Mozarts „Cosi fan tutte“ begeistert in der Komischen Oper 

Opernkritik "Cosi fan tutte"an der Komischen Oper Berlin präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

So sexy, witzig und kurzweilig gab es Mozarts „Cosi fan tutte“ noch nie zu sehen. Starregisseur Kirill Serebrennikov, der seit Beginn des Ukrainekriegs in Berlin lebt, gelingt ein außerordentlich amüsanter Opernabend, der allerdings so neu nicht ist, denn als Kooperation mit dem Opernhaus Zürich konzipiert, hatte „Cosi fan tutte“ dort schon 2018 Premiere. Die Proben leitete damals wegen Serebrennikovs Hausarrest in Russland sein Assistent Evgeny Kulagin. 
Der Clou der Inszenierung ist, dass Serebrennikov die Figuren ganz heutig anlegt, auf die Verkleidungsszenerie verzichtet, stattdessen zwei bodygestylte Verführer einsetzt und das Libretto pfiffig verändert. Einfach großartig!…

Berlin – Herzerfrischende Kinderoper „Nils Holgerssons wunderbare Abenteuer“ nach dem Roman von Selma Lagerlöf in der Komischen Oper

Opernkritik von "Nils Holgerssons seltsamen Abenteuern" in der Komischen Oper Berlin präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

In kleinem Bühnenformat wie in einem Film erleben kleine und große Zuschauer zunächst den 14-jährigen Nils Holgersson faul und träge. Er weiß so gar nicht, was er will, ist immer müde, hängt ab, statt am Bauernhof mitzuhelfen. „Was ist mein Wesenskern? Warum bin ich hier?“ fragt er sich. Als er einen Troll fängt und ihn grob behandelt, wird er zur Strafe selbst zum Troll. Bühnengroß die Holzbank, wirkt er klitzeklein, kann den Hausgänserich Marten verstehen und fliegt mit ihm und den Wildgänsen von einem Abenteuer zum anderen…

Berlin – Jacques Offenbachs „Die Banditen“ als witzige Parodie in der Komischen Oper 

Die traditionell kurz vor Weihnachten konzertante Opernpremiere sorgt in der Komischen Oper stets für eine Überraschung. Es ist in der Regel ein weniger bekanntes Stück, dieses Jahr durch minimalistische Mittel, textliche Anspielungen charmant parodistisch inszeniert Jaques Offenbachs Opéra bouffe „Die Banditen“ augenzwinkernd  untergetitelt mit „Die Räuber von Offenbach im Schiller“ machen auch im kleinen Format gute Laune…

Die traditionell kurz vor Weihnachten konzertante Opernpremiere sorgt in der Komischen Oper stets für eine Überraschung. Es ist in der Regel ein weniger bekanntes Stück, dieses Jahr durch minimalistische Mittel, textliche Anspielungen charmant parodistisch inszeniert Jacques Offenbachs Opéra bouffe „Die Banditen“ (1869) augenzwinkernd untertitelt mit „Die Räuber von Offenbach im Schiller“, eine Inszenierung, die auch im kleinen Format gute Laune macht…

Bayreuth – „Über die Menschlichkeit der Mächtigen – Gluck-Festspiele  2024

Gluck-Festspiele 2024 präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Wann kann man schon innerhalb von drei Tagen dieselbe Oper von zwei verschiedenen Komponisten erleben? Michael Hofstetter, Intendant der Gluckfestspiele macht es 2024 möglich. Auf das Programm der Gluck-Festspiele vom 09. – 18. Mai in Bayreuth, Fürth und Nürnberg darf man gespannt sein. Es ermöglicht direkte Vergleiche, wie Gluck durch sein innovatives Wirken Wegbereiter und Vorbild für Mozart wurde. Für Michael Hofstetter ist Christoph W. Gluck (1714-1787) „der letzte noch wiederzuentdeckende Komponist von Weltgeltung“. Statt Opernspektakel präsentiert Michael Hofstetter Leuchturmprojekte mit „innerer Wahrhaftigkeit“ von Glucks Humanismus.

Gleichzeitig knüpft Michael Hofstetter mit renommierten Sopranisten an die sängerische Tradition zu Glucks Zeiten an. Schon allein das Festival-Motto „Über die Menschlichkeit der Mächtigen“ macht als Kontrastprogramm gegenwärtiger Kriegsszenarien neugierig…

Österreich – Weihnachten mit unbekannten Opernjuwelen bei den Tiroler Festspielen

Winterfestspiele Erl präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Opernjuwele, die ein völlig unverdientes Schattendasein fristen, werden bei den Winterfestspielen Erl neu entdeckt. Dieses Weihnachten sind es vom 26. Dezember bis 7. Januar  Rimski-Korsakows „Schneeflöckchen“ und Adolphe Adams „Le Postillon de Lonjumeau“, komplettiert mit zahlreichen Konzerten und Specials, so dass Weihnachten zum kulturellen Ereignis wird….

Berlin – Verdis „Aida“ an der Staatsoper als Spiegel menschlicher Unterdrückung 

Opernkritik "Aida" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Stille. Langsam bewegen sich Menschen vom Bühnenhintergrund nach vorne, explodieren plötzlich in gestischer Revolution Steine werfend und verschwinden gruppenweise. Der Protest bleibt wirkungslos, alles bleibt beim Alten. Genau das will Calixto Bieìto mit seiner „Aida“-Konzeption erzählen. Verdis monumentaler Auftragsoper durch die pompösen Aufführungen in Verona als Opernspektakel tradiert setzt Erfolgsregisseur Calixto Bieíto ganz gegen sein Image eine klug reduzierte Inszenierung entgegen, die wie zu erwarten nicht jedem gefällt, aber gerade durch ihre epochenübergreifenden Spiegelungen die Kritik an den Göttern, dem Klerus und der Machtelite beeindruckend herausarbeitet und „Aida“ sehr modern erleben lässt…

Berlin – Uraufführung „Zeroth Law -Das nullte Gesetz“ in der Tischlerei der Deutschen Oper

Opernkritik "Das nullte Jahr" an der Deutschen Oper Berlin präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Umtost vom Maschinenlärm durch Lichtkegel im Schwarz der Bühne flankiert von zwei gigantischen Klanginstallationen schreitet der RIAS-Kammerchor würdevoll auf die Podeste. Die menschliche Stimme trifft auf Klangmaschinen, der stimmwuchtige RIAR-Kammerchor auf 50 ferngesteuerte, bizarre Musikautomaten des Erfinders, Ingenieurs und Musikers Godfried-Willem Raes, dazu der Dialog einer via großformatiges Videos duplizierten Erzählerin und eines Tanzpaars, das das Geschehen in sich wiederholenden Bewegungsmustern darstellt. Das wirkt meditativ und befremdlich zugleich, macht neugierig auf den Schlussteil der Roboter-Trilogie des retro-futuristischen Ensembles gamut inc, geleitet vom Komponistenduo Marion Wörle und Maciej Śledziecki…

Berlin – Grandiose Aufführung der Komischen Oper von Hans Werner Henzes Oratorium „Das Floß der Medusa“ im Hangar 1 

Opernkritik "Das Floß der Medusa" in Berlin präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Oper in einer Flugzeughalle? Die Komische Oper kann auch das. An einem ungewöhnlichen Spielort macht sie mit einer grandiosen Inszenierung zu Beginn der neuen Spielzeit Schlagzeilen, bevor wegen der Umbaumaßnahmen in der Behrendstraße der normale Spielbetrieb im Schillertheater aufgenommen wird.
Unter der musikalischen Leitung von Titus Engel und der Regie von Tobias Katzer verwandelt sich Hans Werner Henzes Oratorium „Das Floß der Medusa“ (1968) zu einem fulminanten Gesamtkunstwerk mit verblüffender Nähe zur Migrationstragik im Mittelmeer. Die revolutionäre Kapitalismuskritik, weshalb 1968 die Uraufführung blockiert wurde, weicht dem Blick auf die fehlende Humanität…
Erstarrt in der hoch dramatischen Situation beginnt das Oratorium als Vivant Tableau auf einem Floss analog zu Théodore Géricaults Gemälde „Le Radeau de La Méduse“ (1819), das Hans-Werner Henze und Librettist Ernst Schabel zu diesem Werk inspirierte. Das Floß auf einer riesigen Wasserfläche treibend, flankiert von einem groß besetzten Orchester und einem mächtigen Chor entsteht im Wasser ein hochdramatischer Kampf um das Überleben…

München – „Queen Poppea“ – Eine mondäne Party-und Revueoper mit Musik von Monteverdi und der Rockgruppe Queen inszeniert von der Opera Incognita

Opernkritik "Queen Poppea" der Opera Incognita präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Das Wasser schimmert und gluckert. Mit schwimmenden Palmen bestückt verwandelt sich das Müllersche Volksbad, ein sehr schönes Jugendstilbad, in München vor einem antiken Wasserspeier in einen mondänen Swimmingpool. Hollywood lässt grüßen. In diesem Umfeld avanciert Monteverdis letzte frühbarocke Oper „L’ incoronazione de Poppea“ kombiniert mit live eingespielten Songs der Rockgruppe Queen zu einer exaltierten Party- und Revueoper mit unerwartetem Ausgang. Der Pool wird zum Haifischbecken der Macht, in dem störende Menschen und menschliche Werte unter der glänzenden Oberfläche verschwinden…