Berlinale – „Volevo Nascondermi“ – ein faszinierendes Künstlerporträt

Filmkritik "Voleo Nascondermi" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Chico de Luigi

Regisseur Giorgio Diritti folgt Ligabues Leben an den Originalschauplätzen zwischen unverbrauchten, realistischen  Bildsequenzen, großartigen Panoramabildern, dezent durch  klassische Musik intensiviert. Gleichzeitig pulst der Wechsel  der gesellschaftlichen  Systeme, der ökonomische Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg  im Hintergrund  mit.

Als Sohn einer italienischen Auswanderin, die ihr Kind Pflegeeltern überlässt, wächst Toni in einem kleinen Schweizer Bergdorf auf. Er will zu seiner Mutter, läuft weg. Der Lehrer steckt ihn wegen Schuleschwänzens zwei Stunden lang in einen schwarzen Sack, ein Erlebnis das Toni sein ganzes Leben lang verfolgt. Aus dem lieben Kind wird durch Unverständnis der Pflegeeltern ein störrisch destruktiver Außenseiter, dem man den Teufel austreiben muss.  Toni  wird nach Italien ausgewiesen, wo er in einem Wald in der Poebene haust. Als der Bildhauer Renato Marino Mazzacurati sein Zeichentalent entdeckt, wandelt sich Tonis Leben.

 

Filmkritik "Voleo Nascondermi" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Chico de Luigi

Trotz wiederholter Rückschläge wird er ein berühmter Maler, und obwohl er berühmt ist, dreht er bei der kleinsten Kritik durch, verschwendet seinen Reichtum und stirbt im Armenhaus in Gualtieri. In der Todesstunde visioniert Toni hellblaue Höhenflüge.

Natur und Kunst werden unter der faszinierenden  Regie von Giorgio Diritti zum Abbild von Tonis psychischen Lebensqualen,  die so expressiv, authentisch und gleichzeitig surreal zur Wirkung kommen, wie in den Tiermotiven von Antonio Ligabues Bildern. Es sind leuchtend farbige, sehr individuelle Bilder im Schnittpunkt von Henri Rosseaus naiver Magie und Vincent van Goghs expressionistischer Wildheit.  

Großartig spielt Elio Germano Antonio Ligabue in der ganzen Bandbreite. zwischen tiefster Verzweiflung, paranoider Angstzuständen, epileptischen Anfällen und poetischen Träumereien. Mehr Tier als Mensch haust er im Wald, ständig auf Futtersuche, schlägt sich Steine den Kopf, um den Teufel zu verjagen, wie es ihm seine Pflegemutter eingetrichtert hat, als sie ihm als Kind die Schläfe massierte. Wie ein Kind findet der erwachsene, berühmt Toni allmählich wieder den Zugang zur Gesellschaft, die Giorgio Diritti überaus liebenswürdig, leicht parodistisch in ihrer letztendlich doch recht egoistischen Motiven in Szene setzt, die aber diesen Künstlersonderling letztendlich schon viel mehr lieb gewonnen haben.  Es entstehen berührende Momente zwischenmenschlicher Beziehungen, die immer wieder um die Sehnsucht nach der Mutter  und  um echt empfundene Dankbarkeit kreisen, den Zuschauer die Geschichte aus der Perspektive Ligabues, aber auch seines Umfeldes erleben lassen.

Elio Germano ist in dieser Rolle  als bester Schauspieler der Berlinale denkbar.