Berlin – 74. Internationale Filmfestspiele Berlin  –  Edgar Reitz mit der „Berlinale Kamera“ 

91 Jahre alt wird der deutsche Regisseur und Autor Edgar Reitz, einer der einflussreichsten Filmemacher seiner Generation, mit der „Berlinale Kamera“ geehrt. Diese Auszeichnung geht seit 1986 an Persönlichkeiten und Institutionen, die sich um das Filmschaffen besonders verdient gemacht haben und mit denen sich das Festival verbunden fühlt. Die Berlinale Kamera besteht aus 128 Einzelteilen und ist einer realen Filmkamera nachempfunden. Hergestellt wird sie von dem Düsseldorfer Goldschmiedekünstler Georg Hornemann…

Tina Satters Debütfilm „Reality“ über die US-Whistleblowerin Reality Winner

Filmkritik "Reality" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

In einem US-amerikanischen Großraumbüro laufen ständig Meldungen ein. Schnitt. Eine junge Frau sieht sich vor ihrem Haus plötzlich mit zwei FBI-Agenten konfrontiert. Sie haben einen Hausdurchsuchungsbefehl, stellen ganz allgemeine Fragen, doch man merkt am Gesicht der Frau, dass etwas in der Luft liegt. Das Gespräch zieht sich, immer mehr Sicherheitskräfte kommen dazu. Was steckt dahinter?…

Erich Toledinos und Olivier Nakaches amüsante Filmkomödie „Black Friday for Future“

Filmkritik "Black Friday for Future" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Es ist einfach grandios, wie das Regisseur-Duo, Erich Toledino und Olivier Nakache, angefangen von „Ziemlich beste Freunde“ (2011) oder „Das Leben ist ein Fest“ (2017) nun gleich zwei hochaktuelle Themen voller Charme und Witz in „Black Friday for Future“ verhandelt. Nach dem Schwelgen in Freundschaft und Luxus stehen nun mit „Une année difficile“, so der französische Titel, Konsumorgie und Klimawandel im Zentrum ihrer neuen Komödie. Sie beginnt grotesk und endet märchenhaft, ist Amüsement mit Tiefgang, voll witziger Überraschungen vom ersten bis zum letzten Moment…

Simon Verhoevens „Girl You Know It’s True“ – die Wahrheiten hinter der größten Fakeband von „Milli Vanilli“

Filmkritik "Milli Vanilli" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Es ist wahr und längst, seit 1990, bewiesen. Das weltweit gefeierte Discopop-Duo „Milli Vanilli“ war von Anfang an ein Fake. Die beiden gut aussehenden Tänzer mit afrikanischen Wurzeln wollten singen, wurden aber vom Hitproduzenten Frank Farian nur wegen ihrer Optik engagiert. Ihr Rastalocken-Look und ihre sexy Ausstrahlung kam bei den weißen Frauen bestens an. Über Farians Songs wie „Girl You Know It’s True“ und „Girl I’m Gonna Miss You“ wurden sie weltweit berühmt. In einer gekonnten Collage aus Konzert-Livemitschnitten und nachgespielten Szenen porträtiert Simon Verhoeven sehr umsichtig und mit viel Sympathie für alle Beteiligten die Story einer frappierenden Karriere und den freien Fall in die Unbedeutsamkeit…

Wim Wenders „Perfect Days“ – ein Film für Wesensverwandte

Filmkrtik "Perfect Days" von Wim Wenders präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Aufstehen, den Futon im Miniwohnzimmer einrollen, Zähneputzen im Spülbecken der Küche, Overall anziehen, lächelnd mit Blick zum Himmel das Minihaus verlassen, einen Dosenkaffee aus dem Automaten und mit dem Auto zur Arbeit, abends zum Schnellimbiss und dann zurück nach Hause, lesen und schlafen. Tag für Tag. Sind das perfekte Tage? Ja, zumindest für Koji Yakusho, Toilettenputzer in Tokio. Um ihn kreist Wim Wenders neuer Film „Perfect Days“, entstanden aus der Idee einen Film über die japanischen Toiletten zu machen, entstand ein Film über einen Toilettenputzer. Koji Yakusho liebt sein Leben. Warum erklärt nicht er, sondern Wim Wenders Film. Was in der ersten Sequenz, wie ein stummer Dokumentarfilm wirkt, entwickelt sich zu einem subtilen Psychogramm gelungener Tage durch die Freude an der Natur und die kleinen menschlichen Begegnungen…

Gilles Legardinier „Monsieur Blake zu Diensten“ – ein heiterer Wohlfühlfilm mit dreifachem Happyend passend zur Weihnachtszeit 

Filmkritik "Mr. Blake zu Diensten" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Mit Evergreen „Once in my Life“, einer Preisverleihung für den Unternehmer des Jahres in mondänem Ambiente schlägt der Film „Monsieur Blake zu Diensten“ zuerst Hollywood Lifestyle an. Gleichzeitig thematisiert der Song den Plot. Mr. Blake vor wenigen Monaten verwitwet verweigert die Ehrung. Er reist lieber nach Frankreich zu dem herrschaftlichen Gut, wo er seine Frau kennengelernt hat, um sie in Erinnerungen an das verloren gegangene Glück zu suchen. Das romantische Schloss gibt es immer noch, aber wegen des desolaten Zustandes stehen keine Zimmer zur Vermietung zur Verfügung. Um bleiben zu können, nimmt er das Angebot als Butler an…

Hendrik M. Dahlsbakken „Munch“ – ein Psychogramm

Filmkritik von "Munch" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Gebückt, mürrisch, misstrauisch, sehr resolut komplimentiert der 80-jährige Edvard Munch einen Nazi aus seiner norwegischen Villa hinaus. Nach den Wirren seines Lebens widmet sich der weltberühmte Künstler ganz der Malerei. Seine 30000 Werke hinterlässt er in der Schlussszene dem norwegischen Staat, um sie vor dem Zugriff der Nazis zu schützen. Dazwischen fokussiert Regisseur Hendrik M. Dahlsbakken auf Edvard Munchs psychische Probleme. Wer eine biografische Dokumentation von Munchs Leben und seiner künstlerischen Entwicklung erwartet, wird enttäuscht. Dahlsbakken interessiert, was das Genie ausmacht, und präsentiert eine vielschichtige Konzeption um die Psyche des Malers zu beleuchten, der mit dem legendären Bild „Der Schrei“ eine expressive Ikone des vereinsamten Menschen schuf…

Pia-Luisa Lenz‘ Dokumentarfilm „Für immer“ – ein Film der Erinnerungen aus der Perspektive des Alters

Filmkritik "Für immer" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

„Was du gerade wohl machst?“, fragt sich die junge Eva, sehr verliebt in Dieter. „Es könnte so schön werden!“, visioniert sie. Bei den Dreharbeiten ist das Paar Simons schon 69 Jahre zusammen, lebt in einem außerordentlich schön gelegenen Haus mitten im Wald und blickt zurück auf das gemeinsame Leben, von Dokumentarfilmerin Pia-Luisa Lenz in ruhigen Bildern vorwiegend aus der Perspektive Evas eingefangen. Die Beziehung hat sich verändert im letzten gemeinsamen Lebensjahr…

Justine Triet „Anatomie eines Falls“ – Ist Wahrheit ergründbar?

Filmkritik "Anatomie eines Falls" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Eine extrem laute karibische Soundschleife nervt. Die junge Studentin weiß die Zeichen zu deuten und verabschiedet sich von der Schriftstellerin, die sie eigentlich interviewen wollte und die ihr so wohlwollend gegenüber sitzt. Deren Mann Samuel scheint das nicht zu gefallen. Einen Tag später liegt er tot im Schnee. Vom Dachfenster stürzte er drei Stockwerke in die Tiefe. Schädeltrauma. Doch die Lage des Körpers passt nicht zur Wunde. Die Anatomie dieses Falls gibt Rätsel auf. Unfall, Selbstmord oder Tod durch Fremdeinwirkung? Sandra, die Ehefrau des Toten, eine bekannte Schriftstellerin, wird des Mordes angeklagt. Für den 11-jährigen Sohn Daniel bricht eine Welt zusammen.
Justine Triet präsentiert mit „Anatomie eines Falls“ einen komplexen, sehr spannenden Gerichtsfilm, der bei dem diesjährigen Filmfestival in Cannes nicht zuletzt durch Sandra Hüller, die in der Hauptrolle der angeklagten Schriftstellerin für Furore sorgte, mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde…

Paloma Zapata – „La Singla“ – eine einzigartige Flamencotänzerin

Filmkritik "La Singla" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Ein Dutzend Palmeros, La Singla tanzt wild, ernst, schüttelt sich die Haare aus dem Gesicht. Ihr Blick ist traurig, wütend. Sie tanzt entrückt, hat den Rhythmus in sich. Ihr ganzer Körper scheint aufzuschreien gegen das Unrecht, das ihr das Leben bereitet.
Wer sich mit Flamenco beschäftigt, kennt La Singla. Ihr Foto in der schwarzen Bluse mit weißen Punkten und offenen Haaren ist legendär. Durch ihre temperamentvolle Art zu tanzen, revolutionierte sie schon mit 17 Jahren den Flamenco. Sie erfindet die Alegría neu, tanzt die Martinete mit eruptiver Wucht. Obwohl La Singla taubstumm war, wurde sie in den 1960er Jahren ein Weltstar. Noch keine 30 Jahre alt verschwand sie plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. 
Paloma Zapata, selbst eine Flamenco-Aficionada recherchierte 50 Jahre nach ihrem Verschwinden nach dem Warum und präsentiert jetzt einen subtilen Film, in dem sie die Karriere La Singlas, aber auch ihren leidvollen, traurigen Weg dahinter nachzeichnet…

Berlin – „23. Filmfest FrauenWelten“ als Hommage an starke Frauen im Kino der KulturBrauerei

"23. Filmfest Frauenwelten" in Berlin präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Annie hat Angst. Sie will kein drittes Kind mehr. Über eine Untergrundorganisation kann sie in Frankreich 1974 illegal abtreiben. Vom Einsatz der Frauen für Frauen ist sie so begeistert, dass sie mitzuarbeiten beginnt. Ihr Leben bekommt einen neuen Sinn durch die Vision einer antipatriarchalischen und solidarischen Gesellschaftsentwicklung, die heute, fast 50 Jahre später in vielen Ländern der Welt immer noch nicht angekommen ist oder wie in den USA neu diskutiert wird. „Angry Annie“ von Blandine Lenoir rückt als Auftaktfilm beim „23. Filmfest FrauenWelten“ das Mitspracherecht der Frauen in den Mittelpunkt. 
Bis zum 1. November werden im Kino der KulturBrauerei mehr als 30 internationale Filme zu den Schwerpunktthemen „Glaube, Liebe, Selbstbestimmung“, „Stärke finden, Stärke teilen“ und „Stell dich nicht so an – steh auf gegen sexualisierte Gewalt“ gezeigt…

Magarethe von Trottas „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“ – klug konzipiert, exzellent gespielt

Filmkritik Magarethe von Trottas „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“ präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Ein analoges Telefon klingelt penetrant. Eine Frau tastet sich in einem dunklen Gang vorwärts, nimmt den Hörer, vernimmt verstört ein höhnisches Lachen am anderen Ende. Schnitt. Ingeborg Bachmann wacht in der Klinik aus diesem Alptraum auf. Ausgerechnet sie, die immer in Freiheit leben und lieben wollte, stürzte das Verlassenwerden in den Abgrund.
Sehr subtil und vielschichtig umkreist Regisseurin Margarethe von Trottas neuer Film die 4-jährige Beziehung zwischen dem Schweizer Schriftsteller Max Frisch und Ingeborg Bachmann, „Deutschlands einzig ernst zu nehmende Dichterin der Nachkriegszeit“. Margaretha von Trottas raffiniert verschlungenes Konzept auf zwei Zeitebenen spiegelt sich bereits im Titel „Ingeborg Bachman – Reise in die Wüste“… 

Wim Wenders – „Anselm – Das Rauschen der Zeit“ – Porträt eines Besessenen

Filmkritik "Anselm-das Rauschen der Zeit" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Weiße Brautkleider, Hüllen ohne weibliche Körper im Wald schwebend, statt mit Köpfen mit Geäst und bizarren Dinglichkeiten gefüllt. Welch ein sinnliches Bild der Unschuld angesichts der grausigen Erinnerung an die Schrecken des Nationalsozialismus.
Das Verschweigen und Verdrängen dieser Zeit erlebten Wim Wenders und Anselm Kiefer, beide 1945 geboren als Nachkriegskinder. Sie entwickelten sich zu außergewöhnlichen Persönlichkeiten mit einzigartigen, künstlerisch sehr kontroversen Handschriften, doch beide verbindet der Drang nach dem Existenziellen. Bei Wim Wenders ist es bei aller Unbill der Lebensumstände die Poesie, bei Anselm Kiefer die brachiale Gewalt über Zeitenwenden hinweg. In Wim Wenders neuem Film „Anselm – Das Rauschen der Zeit“ trifft beides knallhart aufeinander, überaus plastisch mit einer 3D-Kamera in Szene gesetzt. „Die Menschen wollen sich nicht erinnern. Sie suchen das Leichte. Deshalb ist dieser Film so leicht“, konstatiert Anselm Kiefer, aber eben auch sehr tiefgründig, weit mehr als ein Dokumentarfilm, eine Hommage an Poesie und Mythos als Antwort auf alle existentiellen Fragen, woher wir kommen, wohin wir gehen entlang einigen markanten Lebenssituationen Anselm Kiefers, der heute in Frankreich lebt…