Wien – Anna Gmeyners „Automatenbüfett“ vom Wiener Akademietheater beim Berliner Theatertreffen 

Theaterkritik "Das Automatenbüffett" beim Berliner Theatertreffen präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Matthias Horn

Hoch oben am Bühnenrand steht Herr Adam am Teich. Darunter eröffnet sich später das Geschehen vor einem riesigen Automatenbüfett mit Bier und Wurst quer über die Bühne, das durch die kleinen quadratischen, seriell bestückten und hell erleuchteten Fenster Gemütlichkeit suggeriert. Daneben sitzt der Automatenpianist (Thomas Hojsa) in seiner Kabine, der nur bei Geldeinwurf in Aktion tritt und mit leidender Stummfilmdramatik und dahinsiechender kafkaesker Optik in die Tasten greift, wozu ein Tänzer wie Elaste Plaste tanzt. 

Unter der Regie von Barbara Frey wird das Stück zur grandiosen Groteske mit ganz kurzen poetischen Momenten, in der jeder Satz knallt. 

Spießig, steif, ausgestellt, wie Automaten auf diverse unangenehme Typen programmiert  sprechen und bewegen sich die Menschen. Im Sechserpack schieben sie schräg über die Bühne, Inbegriff kleinstädtischer  Vorbehalte und Ressentiments. Holzschnittartig rezitieren die Honoratioren der Stadt ihre Maximen. „Was die Menschen beunruhigen könnte, darf nicht in der Zeitung stehen“ oder „Lebenskunst ist die Kunst nie dabei zu sein. Immer im Nebenzimmer“ mit der Quintessenz „Nur wenn man sich einfügt, kann man hier leben.“ Hier kämpft jeder mit seinen eigenen Waffen.

Eva, mit Katharina Lorenz großartig besetzt, ist mit Schlottern beschäftigt, kann sich trotz Heizkörper in dieser kalten Atmosphäre kaum erwärmen. Doch schnell findet sie ihre jugendliche Natürlichkeit zurück und bezirzt alle Besucher des Automatenbüfetts. Sie äfft die Spießer nach, strahlt und kokettiert charmant. Sie darf bleiben, weil die Männer in ihrer Gegenwart mehr Bier trinken und öfter kommen, beschließt Frau Adam, ein Oberfeldwebel par excellence, nie verwöhnt, vom Leben gehärtet. Treffend bemerkt sie. „Die fängt zum Glitzern an, wenn ein Mann vorbeikommt.“

Tatsächlich sucht jedes männliche Wesen Evas Nähe. Sogar der steife Uralt-Apotheker beginnt im Walzerrhythmus zu wackeln.

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©Matthias Horn

Wie Kinder setzen sie sich auf ihren Schoß. Doch sie weiß klug abzuwehren, selbst ihren Ex-Liebsten, einen windigen Staubsaugerverkäufer, der gern Poet wäre. Nur ihrem Retter gegenüber, Herrn Adam, von Michael Maertens mit Haltung, balsamischer Stimme und behutsamer Zärtlichkeit gespielt, zeigt Eva Gefühle. Sie unterstützt ihn die Stadträte umzustimmen, sein Projekt zu realisieren, das dann doch an der Profitgier des Bürgermeisters, vor allem an seiner Frau scheitert, die ihm kein Geld gibt sondern es lieber dem schmierigen Zimmerherrn (Christoph Luser) vererbt, der ihr Liebe vorgaukelt und sie bei der nächsten Gelegenheit mit der ständig auf Ungarisch schimpfenden, gefeuerten, dann wieder eingestellten Cäcilie (Maria Happel) betrügt. Verlierer sind sie alle. Nur Eva und Herr Adam visionieren eine Zukunft.

Hinter der Bühne: Barbara Frey (Regie), Martin Zehetgruber Bühne), Esther Geremus Kostüm),Thomas Hojsa, Barbara Frey (Musik), Friedrich Rom (Licht),  Andreas Karlaganis (Dramaturgie)

Mit: Michael Maertens, Maria Happel, Katharina Lorenz, Christoph Luser, Dörte Lyssewski, Annamária Láng, Hans Dieter Knebel, Robert Reinagl, Daniel Jesch, Thomas Hojsa.