Peter Handkes „Zwiegespräch“

Buchrezension Handke "Zwiegespräch" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Suhrkamp Verlag, 2022

Der Zickzackkurs dieses  „Zweigespräch“ orientiert sich immer mehr an Behausungen mit nur einem Fenster an extremen Orten, zu klein für ein Bauwerk, zu wehrhaft für ein „Häuschen“. Der Großvater, der früh im Schützengraben lag, entpuppt sich dabei als „Weitkommensspezialist“, weil er immer wieder das Weite gesucht hat. 

Handke spielt nicht nur mit den Inhalten, sondern auch mit der Sprache. Beschreibt das Ringen mit ihr. Zuweilen fehlt das richtige Wort „…mich mit jemandem zu unterhalten? – nein, das ist nicht das Wort –, mich auseinan- derzusetzen? – nein, das ist’s auch nicht –, mich mit jemandem zu streiten? – nein, das ist’s auch nicht, Hilfe! – keine Hilfe, das Wort will nicht kommen –, über dieses Phänomen? dieses Problem? diese Sache? diesen Stoff?“

Durch verblose Satzfragmente, Ausrufe- und Fragezeichen rhythmisiert er die Sprache. Doppelpunktstrukturen schaffen Erwartungen durch Akkumulierungen. 

So parliert Handke sprachartistisch vor sich hin und dringt schließlich zum Wesentlichen, zum Politischen vor, der Verklärung der Großvatergeneration. Obwohl die Herolde brauner Ideologie durch die Idealisierung der Enkel ihre Unschuld wiedererlangten, hätte Handke gern einmal ein Drama in fünf Akten ohne Katharsis dagegen gesetzt, hat es aber nie getan. Jetzt wird er theatralisch wortgewaltig und kämpft mit sprachlichen Keulenschlägen gegen die Großvaterverklärung. Gleichzeitig bekennt er zutreffend, „wohl hat das Problem ein Inter- esse, nur gibt es keine Geschichte her“.

Handke reiht nur fragmentierte Erinnerungsbilder aneinander von der drangsalierten Schlange, vom Hornissen- , dann vom Bienenschwarm, vom Giebelhaus auf dem Friedhof und  dem Großvater, der sich, nachdem ihm die Spielkumpel wegstarben auf das Liebhaberspiel mit alten Damen einlässt, die ihm ebenso wegsterben. Diese Gedankensplitter fügen sich zum Puzzle vom Altwerden und Alterspessimismus. Das Kindergartenhaus stürzt ein wie ein Kartenhaus. Theater- und auch die Schwesternkünste haben ihre Dauerkultmomente verloren, „sind schneller aus dem Sinn als eine Schneeflocke“. Und doch lockt in einiger Entfernung mancher Schatz, manche Schönheit, manches Wünschen. Was bleibt, ist Handkes Freude am Fabulieren. 

Buchrezension Handke "Zwiegespräch" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Peter Handkes „Zwiegespräch“, Suhrkamp Verlag Berlin 2022, 67 S.

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