Halle – „Karl Lagerfeld. Fotografie. Die Retrospektive“ in der Moritzburg 

Ausstellung "Karl Lagerfeld" in Halle präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel

300 Fotografien füllen die zweite Etage der Moritzburg, etliche davon sind zum ersten Mal in der Öffentlichkeit zu sehen. Den Kuratoren ist hoch anzurechnen, dass sie weniger auf die Modebranche als auf Karl Lagerfelds literarische und künstlerische Präferenzen zielen. Schon am Beginn der Ausstellung verweisen vier Variationen von „Dorian Gray“ auf Oskar Wildes Dandyismus, gleichzeitig auf Ovids „Metamorphosen“ und damit latent auf das Metier der Mode und ihre Kunst der Verwandlung. Bei der riesigen Porträtcollage „Metamorphoses of an American“ werden allerdings keine tiefgründigen Veränderungen erlebbar, was aber natürlich aus ironischem Blickwinkel wieder stimmig ist. 

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©Karl Lagerfeld

Zu den Highlights der Ausstellung gehören Lagerfelds 18 Meter langes erleuchtetes LED-Paneel über die „Odyssee“ und sein bibliophiles Fotoprojekt nach Longos „Hirtengeschichte von Daphnis und Clöe“ mit romantisierenden  Daguerreotypien und Platinotypien, durch Hirtenmusik und einschmeichelnde Vorlesestimme atmosphärisch in Szene gesetzt. 

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©Karl Lagerfeld

Der Modebereich nimmt nur einen kleinen Teil ein und zeigt u.a. Lagerfelds Kollektionsentwürfe für Coco Chanel 2005, szenische Fotografien „Vision and a Decision“ oder „Room-Service“.

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©Karl Lagerfeld

Nach Lagerfelds Anspruch „Der perfekte Körper ist die Seele selbst“ sind Fotografien ästhetisch betrachtet perfekt, doch trotz dramatischer Titel geht zuweilen die emotionale Expression verloren. „Beauty in Violance“ wirkt allzu arrangiert, zeigt sowohl in den Fotografien als auch im Video mehr erotische Muskelkraft als körperliche Gewalt.  

In den Palazzi und renommierten Bauten seiner Architekturfotografien entdeckt Lagerfeld kaum mehr als serielle Schattenstrukturen. 

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©Karl Lagerfeld

Atmosphärisch interessant werden Lagerfelds Bilder, wenn sie an die Einsamkeitstimmungen eines Edward Hoppers erinnern oder wie in „Narrenschanzen – Hommage à Feininger“ surreale Szenen inszenieren. 

Einen Besuch lohnt die Ausstellung auf jeden Fall, nicht zuletzt wegen der herausragenden Örtlichkeiten. 

Zu sehen ist „Karl Lagerfeld. Fotografie. Retrospektive“ in der Moritzburg in Halle noch bis zum 1. Januar 2021