"Kultur macht glücklich"


Berlin „Heroes“ – David Bowie-Abend mit Alexander Scheer am Berliner Ensemble 

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Berlin „Heroes“ – David Bowie-Abend mit Alexander Scheer am Berliner Ensemble 

©Berliner Ensembl, Foto: Just Loomis

David Bowies riesengroßes Konterfei auf der Bühne des Berliner Ensembles signalisiert die Referenz ihm gegenüber. Allerdings erwartet das Publikum mit „Heroes“ kein Theater im üblichen Format, sondern…

eine literarisch-musikalische Hommage, eine fulminante Live-Show mit Alexander Scheer als frappierendes Double. Er singt nicht nur wie Bowie, er sieht ihm durch seine schmale Silhouette, Haltung, entsprechende Anzüge und Frisur ziemlich ähnlich. 

Schon mit dem ersten Song weiß Scheer das Publikum aufzuheizen. Die Stimmung steigert sich 90 Minuten lang von Hit zu Hit bis „Let´s Dance“ zum allgemeinen Hüfte-Mitschwingen im Stehen, eine elegante Überleitung in den Schlussapplaus über drei Zugaben hinweg.

Das Publikum erlebt Konzertambiente mit zwei E-Gitarren, Schlagzeug, Keyboard rund um Bowies mobiler Bibliothek positioniert, die er mit 1500 Büchern bestückt immer auf seinen Reisen dabei hatte. Bescheiden klein inszeniert sich Scheer auf der Bibliothek, doch die Livekamera vergrößert ihn über die Projektionsfläche, dupliziert das Double aus vielen Perspektiven, was die Livestimmung enorm intensiviert und erinnert durch rasante collagierte Starsequenzen von Marilyn Monroe bis zur Mickey Mouse das extrem breit gefächerte Heroentum der Unterhaltungsbranche.

Doch die wahren „Heroes“ sind in dieser Inszenierung Bowies Bücher, die ihn inspirierten, deren Autoren im Gegensatz zu seinem Songrefrain „Just for one day, we can be Heroes“ über Epochen hinweg bedeutsam bleiben.

In Bowies veröffentlichter Best-Liste von hundert Büchern, die sein Leben veränderten, gingen Alexander Scheer und Regisseur Steffen Sünkel auf Spurensuche nach Berlin-Impressionen, um Bowies Aufenthalt von 1976 -1978 in den Mittelpunkt zu rücken. Viele Cover werden eingeblendet, aus manchen liest Scheer Passagen, facettenreich visualisiert durch Videocollagen vom Berlin der 1920er Jahre a la Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“ bis Christa Wolfs „Nachdenken über Christa T“ und Christopher Isherwoods „Berlin Stories“.

Dazwischen sorgt Scheer als Conferencier durch Anekdoten, witzige Kommentare und herzliche Begrüßungen für eine fröhliche Stimmung, nicht nur Leander Haußmann und Heike Makatsch waren präsent, auch Scheers Eltern. Sonderapplaus. 

Die Idee Querverbindungen von Texten und Songs zu entdecken, hat Charme, auch wenn sie rein assoziativ, nicht dokumentarisch belegt ist. Man erfährt im Grunde nichts Neues, außer dass der Satz „I wish you could swim like dolphins could swim“ aus Bowies Lieblingsmärchen von Alberto Denti di Pirajnos „Das Mädchen auf dem Delfin“ stammen könnte, aber Bowie-Fans haben einen vergnüglichen Abend und wer kein Fan ist, kann sich über die Videocollagen und die rasante Technik von Reinhard Kleists Simultanzeichnungen amüsieren.„Heroes“ hat zweifelsohne das Potential zum Kultstück.

Künstlerisches Team: Steffen Sünkel (Konzeption), Albrecht Leu (Herstellungsleitung), Janina Brinkmann (Kostüme), Luna Zscharnt (Video), Silvio Neumann (Ton)

Mit: Alexander Scheer (David Bowie), Steve Patuta, Melanie Macher (Live-Kamera), Fee Aviv Dubois, Steffen Kieslich, Fabian Leu, Reinhard Kleist (Live-Zeichner)