Landshut – Ingrid Lausunds Text „Bin nebenan – Monologe für Zuhause“ in den Landshuter Kammerspielen

Theaterkritik Lausunds "Bin nebenan-Monologe für zuhause" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Bernd Seydel

Alternierend und einmal zusammen spielen und inszenieren Christian Mark und Oliver Seidel vier von elf Texten aus Ingrid Lausunds Satire „Bin nebenan – Monologe für zuhause“. Im Kleinen Theater bekannt geworden durch die Produktionen „Offene Zweierbeziehung“, „Das Produkt“, „Der Sturm“ und „Atmen“ offeriert Christian Mark in diesen Monologen durch naive Komik, pantomimisch bizarre, sich wiederholende Bewegungsmuster die Abgründe menschlichen Elends in einem absolut schablonierten und vorprogrammierten Alltag. In „Sofa“ ist es die Datenmanipulation, die dem Menschen jegliche Entscheidungsfreiheit nimmt. In der „Badewanne“ agiert Oliver Seidel als alternativer Möchte-gern-Genießer, der sein schlichtes Bad durch Marmor- und Mahagoni-Optik zur Wellness-Oase verwandelt. Er  träumt auf dem zur Badewanne zweckentfremdeten Sofa vom exotisch afrikanischen Prinzen und findet sich plötzlich in einem Flüchtlingsalbtraum inklusive Schiffsuntergang, so eindringlich und voller Überraschungsmomente gespielt, dass der Text zwischen naiver „Ich gönn mir ja sonst nichts“-Attitüde und sozialer Ungerechtigkeit derart unter die Haut geht, dass das Lachen im Halse stecken bleibt. Im Gegensatz zu Christian Mark blickt Oliver Seidel selten mit stechendem Blick ins Publikum. Er spielt ganz verinnerlicht, schließt die Augen meditativ genussvoll, erschrickt durch die eigenen Träume und kämpft mit naturalistischer Expression gegen das Ertrinken im Meer. Erwacht aus dem Traum genießt er ganz unbeschwert wieder seine spießige Wellnessoase.

Theaterkritik Lausunds "Bin nebenan-Monologe für zuhause" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Bernd Seydel

„Globus“ kreist weniger um die Welt als um die ewig gleichen häuslichen Rituale. Optisch passt alles. Nur die richtigen Gefühle fehlen. Aufgesplittet zwischen Oliver Seidel als eloquenter Sprecher am Mikrophon und Christian Mark als pantomimische Marionette baut sich in diesem an sich sehr ruhigen Text trotz der Wiederholungsschleifen und emotionalen Ebbe eine humorvolle innere Spannung auf, mit der sich die Zuschauer dem Gelächter nach bestens identifizieren können, denn Ähnliches hat schon jeder selbst erlebt.

Mit „Grundstück“ kulminiert der Theaterabend mit einer skurrilen Wende ins Philosophische. Trotz ansehnlichen Berufs, finanzieller Absicherung und als geschätzter Liebhaber bleibt dem Protagonisten (Christian Mark) jegliches Heimatgefühl verwehrt. Erst als er beginnt sein Leben vom Ende her zu denken, er nach einem Ort sucht, wo er begraben sein möchte, findet er seine Heimat, allerdings nicht in der Bretagne mit Panoramablick, dieser Friedhof ist schon ausverkauft, sondern nur im hässlich städtischen Umfeld zwischen Industrieanlagen und Verkehrslärm.

„Bin nebenan – Monologe für Zuhause“ trifft voll den Nerv der Zeit. Wie arm ist doch unser Leben geworden! Da bleibt nur noch die Satire.