Berliner Schaubühne „Thisisitgirl“

Berliner Schaubühne Theaterkritik "Thisisitgirl"
©Foto: Gianmarco Bresadola

 

Dreh- und Angelpunkt ist Iris Becher zunächst als quasselnde Moderation, die drei Sondermodelle Typ Mann im braunen Zimmer begrüßt und vorstellt, die der Einfachheit halber ihre Namen als Schauspieler behalten. Andreas Schröders als dicklicher Prolotyp salopp im T-Shirt, Ulrich Hopp als spießig patriachalischer  Familienvater, ein Angestellter im Anzug  und Laurenz Laufenberg als sportlicher Student, der sich gerade mit als Schauspieler in einer Frauenrolle abquält. Der gemeinsame Nenner sind ihre Panikattacken, die Iris Becher als nicht minder sexy Psychologin zu erforschen sucht und dabei ihre Patienten als wandelnde Katastrophen vorführt. Musikalische am Klavier begleitet und am Mischpult ausgesteuert bleibt Matze Kloppe trotz  Einhornkostüm  in Türkis und Pink dezent im Lateralschatten.

So gewinnt  Patrick Wengenroths „Thisisitgirl“ nach einer etwas ausufernden schrillen Anmoderation nach allzu bekannten TVi-Mustern doch noch verbale Spitzfindigkeit und dramaturgische Überraschungsmomente. Im provokanten Frage-, Antwortspiel entwickeln sich die männlichen Charaktere zu immer skurrilen Figuren. Auch wenn das argumentative  Hin und Her  zwischen Feminismus und Machogehabe reichlich abgenudelt ist,  kann man sich dem  Witz der ausschweifenden marxistischen und freudianischen  Exkursen Ulrich Hoppes und der exaltierten schauspielerischen Umsetzung, pointiert durch die skurrilen Kostüme Ulrike Gutbrods kaum entziehen.

Iris Becher behält erotisch posierend, mit männlich resoluten Griff zum Bier Oberwasser, während das Männertrio von einem Projektionstraumata ins andere fällt. Berge von Bierdosen scheppern zu Boden und sie selbst balancieren der eigenen Müllentsorgung entgegen, während sie ihr wahres Ich entdecken, das bei Y-Chromosomen, ohnehin nur verkrüppelte X-Chromosomen naheliegend in der Frau liegt.  Andreas Schröders reagiert in seiner verschmähten Liebe mit der Verwandlung in eine üppige Dirndl-Maid, Laurenz Laufenberg internalisiert seine romantische Jungmädchenrolle und Ulrich Hoppe schon als  heimlich sexueller Schwerenöter der  absolute Clou, mutiert zum lorbeerumrankten Peter Pan, dem einzigen Kind, das nie erwachsen wird. Dazwischen wirkt per Mikro gerockt, perkussioniert  romantisiert und im großen Finale verzaubert sich Iris Becher in eine Rokokolady, unter deren Reifrock die Männer endlich mal das tun dürfen, was schon immer tun wollten, in subtropische Feuchtlandschaften schwelgen.

Michaela Schabel