Berlin-Staatsballett „Romeo und Julia“

Michaela Schabel besuchte für schabel-kultur-blog.de "Romeo und Julia" von Nacho Duato getanzt vom Berliner Staatsballett Unter den Linden

©Fernando Marcos

Jeden Ton, jede Melodie, jedes Stimmungsbild und Crescendo Prokofieffs, von der Staatskapelle Berlin unter der Leitung von Paul Connelly sehr dynamisch  gespielt, verwandelt Nachu Duato durch sein subtiles Rhythmusgefühl in facettenreiche Bewegungsbilder, orchestrale Wucht in große Sprungbewegungen überbordender Liebesgefühle und kämpferischer Aggression, rasante getanzte Diagonalen, wuchtige Ensembletänze, die lyrischen, extrem emotionalen Sequenzen in empathische Pas des deux und Soli durch die flatternden Gewänder und Tücher dynamisch intensiviert (Kostüme Angelina Atlagic).

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©Fernando Marcos

Nachu Duato verzichtet auf Spitzenschuhe, lässt in Schläppchen tanzen, um den Tänzern mehr Erdung zu geben. Durch geflexte Füße und Hände, schräge Haltungen, Hüftbewegungen, impulsive Berührungen, die Nachu Duato wichtiger sind als vorgegebene Haltungsmuster gewinnen die Tänzer weit mehr authentische Expression als im rein klassischen Ballett. Es gelingen großartige Szenen zwischen höfischen Tanz, überbordender  folkloristischer Fröhlichkeit und leidenschaftlicher Liebe, gefährlich provozierenden Gefechten und Todestragik von narrativer Dichte.

Das reduzierte Bühnenbild (Jaffar Chalabi nach Carles Puyol und Pau Renda)   unterstreicht die Expressivität. Die wenigen Bühnenbauten chargieren wie optische Täuschungen zwischen Häusern und Durchgängen. Blaues Quadrat und schmales Rechteck markieren Balkon und Tür zu neuen unverbrauchten Szenenbildern mit raffiniert Verführungseffekten. Die  bühnenbreiten Stufen beschleunigen das  temperamentvolles Auf und Ab.

Wunderbar getanzt brilliert das Berliner Staatsballett in allen Besetzungen. Ferderico Spalitta tanzt einen aggressiven Tybalt, Arshak Ghalumyan einen waghalsigen Mercutio ohne Scheu vor Auseinandersetzung. Aurora Dickie besticht als Lady Capulet durch exzessiv getanzte Trauer, die an Wahnsinn grenzt,  Alexej Orlenco als Lord Capulet durch züchtigende Dominanz. Beatrice Knop macht sehr sympathisch die Amme als Verbündete Julias deutlich.

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©Fernando Marcos

Polina Seminova wandelt sich als Julia facettenreich vom kleinen naiven Mädchen über die störrische Tochter zu einer jungen Frau, die genau weiß, was sie will, bis zur tragischen Heroin, halluzinativ im Todeskampf von zwei Romeos.  Mit ihrer ganzen Körperlichkeit sperrt sich diese Julia gegen den von den Eltern ausgesuchten Bräutigam. Inbrünstig gibt sie  ihrer Leidenschaft für Romeo nach, den sie mit Silhouette ihres Armes im Türausschnitt ihr Ja signalisiert. Mit schauspielerischen Talent gelingt die Tragik der Schlussszene in der Düsternis der schwarzen Gruft, Nur Gasttänzer Ivan Zaytsevs bleibt als Romeo insgesamt zu blass.Der poetischen Liebesszene im und rund um das Bett folgt in erzählerischer Verdichtung schnell die Tragik des Irrtums. Die weiß-cremefarbenen Szenerie verdunkelt sich die Düsternis der Gruft zwischen schwingenden schwarzen Fahnen.  In den Umarmungen Romeos, Ivan Zaytsevs, entfaltet sie ihren tänzerischen Charme und ihr schauspielerisches Talent bis zur

Michaela Schabel