Berlin – Gastspiel „Der größte Schwanensee der Welt“  getanzt vom Ballett Shanghai 

Über den "Schwanensee" des Balletts Shanghai berichtet schabel-kultur-blog.de

Unter der Leitung des britischen Choreographen Derek Deane wirkt nichts übertrieben, nichts kitschig. Alles fügt sich stimmig ein großes poetisches Märchen, und wie es sich für ein Märchen gehört, endet dieser „Schwanensee“  mit einemHappyend. Die Liebe siegt in der chinesischen Version, die sich ganz europäisch traditionell gibt und  durch perfekte Harmonie besticht.

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©Stardust Theatre BV

Das besondere Ereignis sind die Tänzer. Jeder einzelne glänzt nicht nur durch perfekte Tanztechnik, sondern durch seine ganz spezifische Ausstrahlung, Authentizität, durch die emotionalisierende seines Blickes. Streng regiert die Königinmutter, doch ihr Lächeln und ihre Gestik verraten auch ihre Güte. Der Zeremonienmeister freut sich mit den jungen Damen eine Runde zu tanzen und lächelt selbstironisch über seine altersbedingten Störmanöver. Die Hofdamen brillieren durch unterschiedliche Temperamente  keck,  burlesk oder elegant, die unterschiedlichen Tanzpaare, immer mindestens sechs, glänzen durch Anmut, Dynamik, schwungvollen Drehungen, federleichte Hebefiguren, raffinierte Schrittkombinationen in immer neuen choreografischen Mustern punktgenau zu den musikalischen Akzenten, bewundert von den Blicken der höfischen Gesellschaft, so dass auch die reinen handlungsarmen Tanzpräsentationen sehr spritzig wirken.

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©Stardust Theatre BV

Der Prinz (Wu Husheng) schenkt  jeder Hofdame das Gefühl der Achtung, belohnt ihre Schönheit mit einem Lächeln und lässt doch erkennen, dass sein Herz nach einer anderen sucht. Hoch und weit bezeugen seine Sprünge seinen Mut und seine Visionen.

Der Clou ist natürlich der zauberhaft schöne Schwanensee, der sich aus dem Nebelwolken herauskristallisiert. In immer neuen Formationen beschützt hier ein wahres Schwanenvolk ihre Prinzessin. In Kreisen, Spiralen umflattern die Schwäne sie, bilden Blöcken, Gassen, eine regelrechte Schutzburg um sie. Sie vibrieren auf Spitze, flattern mit den Armen, ein Traum von feenhafter Leichtigkeit und perfekter Synchronität, doch völlig in der Gewalt des großen Zauberers, der mit seinem riesig wallenden Umgang aus Federn alles bedrohlich dominiert, wo immer er erscheint, wie ein Raubvogel in der Natur und bei Hofe die  Inkarnation des Bösen unter dem Deckmantel höfischer Eleganz. Blitz und Donner sind seine Weggefährten. Umso zarter und zerbrechlicher wirkt die Schwanenprinzessin (Qi Binyue). Nicht nur ihre Arme, auch ihre Hände zeigen ihre seelische Facetten. Grazil streckt sie Hals, um Ausschau zu halten, wo Gefahr droht, wo der Liebste ist. Scheu, verunsichert beginnt sie das Pas des deux mit dem Prinzen und beginnt in Liebe zu entflammen. Das alter Ego der schwarzen Schwanenprinzessin tanzt Qi Binxue in völlig anderer physischer Optik, kraftvoll und selbstbewusst, allerdings als Marionette des Zauberers, ständig seinen Einflüsterungen folgend.

Mit diesen hochprofessionellen und begabten Tänzern katapultiert  Derek Deane das Shanghai Ballett tatsächlich in ein weltweites Superformat und China beweist einmal mehr seine Stärke durch personelle Fusionen mit Westen eben dort ganz elegant  zu positionieren und unauffällig an Bedeutung zu gewinnen.

Bis 16. Dezember im Theater am Potsdamer Platz, vom 19. – 27.12 in der Wiener Stadthalle

Michaela Schabel