ITB – Realität und Wunschvorstellungen vom klimafreundlichen Urlaub klaffen weit auseinander

ITB 2024, Klilmaschutz zwischen Realität und Vision präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de.

©ITB Berlin 2024

„Wir können auch reisen, ohne die Welt zu zerstören“, so Jeremy Sampson CEO der Travel Foundation, auf der ITB Berlin 2024. Seine Studie „Envisioning Tourism in 2030 and Beyond“ modelliert einen Weg in die Klimaneutralität. Knackpunkt ist die Bereitschaft die klimafreundlichen Bereiche wachsen zu lassen und die klimaschädlichen einzudämmen. Dieses Konzept ist allerdings nur durch die Regulierung von Flugreisen zu erreichen.

Insgesamt setzt die Studie der Travel Foundation auf einen Mix aus 40 Maßnahmen sechs verschiedenen Kategorien zugeordnet. Diese sind Kompensation von Treibhausgasen, Elektrifizierung und Effizienz im Angebot, klimaschützender Ausbau von Infrastruktur, Entwicklung nachhaltiger Treibstoffe, Erhebung von Steuern und Abgaben, inklusive gezielter Förderung klimafreundlichen Reiseverhaltens. Bei konsequenter gemeinsamer Umsetzung aller Maßnahmen kann nach Sampson das Ziel Net Zero erreicht werden.

Der entscheidende Faktor sind aber die Flugreisen. Sie machten 2019 zwar nur zwei Prozent aller Reisen aus, sorgten aber für den höchsten CO2-Ausstoß. Wenn sie nicht eingedämmt werden, vervierfachen sich Flugreisen bis 2050 und machen dann 41 Prozent der Gesamtemissionen des Tourismus aus. Die Konsequenz ist die Emissionen im Tourismus strikt zu regulieren oder eine gleichermaßen konsequente Etablierung von Net-Zero-Reisen.

Die Umsetzung scheint derzeit noch sehr fraglich, wenn man die Zielsetzungen einzelner Länder und speziell das Reiseverhalten der Deutschen betrachtet. Portugal freut sich über 5,2 Prozent mehr deutsche Besucher im Vergleich zum Coronaeinbruch 2019, bei internationalen Gästen sogar um einen Zuwachs von 11,2 Prozent. Insgesamt wählten 2023 18,2 Millionen Urlauber Portugal als Reiseziel. Qatar Airways startet eine neue tägliche Route Doha-Hamburg. Ab Winter wird die Flugfrequenz von Berlin nach Qatar von 14 auf 18 Flüge pro Woche erweitert. Marokko umwirbt deutsche Touristen mit nur 4 Stunden Flugzeit als Alternative für Fernreisende. Ägypten will Urlauber aus Deutschland durch ein größeres Flugangebot, vor allem durch Billigflieger und Charterflüge über den neuen Sphinx-Flughafen westlich von Kairo für die ägyptische Metropole interessieren. Kasachstan hat inzwischen eine Flotte von 50 Jets, die Touristen in die Hauptstadt Astana bringen. Bis 2028 sollen es 80 Jets sein. Airlines wie TUIfly weiten ihr Angebot aus, um deutsche Touristen nach Tunesien zu bringen. 400000 Urlauber ist 2024 das Ziel. 231000 deutsche Touristen besuchten 2023 den Oman, dreimal so viele wie im Vorjahr. Tendenz steigend. Die Zahlen sprechen für sich. Der Sonnenhunger der Deutschen ist ungebrochen und macht andere Klimaschutzmaßnahmen zur Farce.

Hinzu kommt, dass immer mehr Länder über den Ferntourismus wirtschaftlichen Wohlstand erhoffen. Malaysia wirbt zwar damit, die Urlauber in Privathaushalten unterzubringen, um die Besucher den malaysischen Alltag erleben zu lassen, aber die angestrebten Wachstumszahlen korrelieren mit steigender Flugsequenz. In der Karibik konkurrieren die kleinen Inseln um Flugkontingente. Tobago flugtechnisch gut angebunden ist dafür ein beeindruckendes Beispiel. Über den Direktflug von Frankfurt nach Antigua ab kommenden Winter erhofft sich Antigua einen ähnlichen touristischen Hype. Angesichts dieser provokanten Tendenzen wirken andere nachhaltige Konzepte lilliputanisch. In diesem Kontext könnte man den Streik der Deutschen Bundesbahn ausgerechnet am letzten Tag der ITB als Sabotage sehen, hätte sie sich damit selbst nicht schon längst ins nicht nachhaltige Aus katapultiert, indem sie deutsche Pünktlichkeit und Präzision immer wieder pervertiert und Deutschland international einmal mehr den Stempel der Unzuverlässigkeit aufdrückt.