©Michaela Schabel
Honecker hatte keine Chance
Hier war immer schon der Widerstand zu Hause. So sehr sich das DDR-System auch bemühte, die Bewohner zum Verkauf ihrer Häuser zu bewegen, es gelang nicht.
Während das alte Dresden zu 80 % zerbombt wurde, waren es in der Neustadt nur 10 %. Da Zwangsenteignung wegen zu erwartenden Widerstands nicht in Frage kam, taktierte die sozialistische Regierung damit das Stadtviertel mit den Gründerzeithäusern der Jahrhundertwende dem Verfall preiszugeben, um Neubauten zu ermöglichen. „Ruinen schaffen ohne Massen“ war die Devise. Die Mieten blieben niedrig, die Abgaben für Eigentum stiegen enorm. So konnten die Besitzer ihre Häuser nicht sanieren. Das Viertel degradierte zum Asi-Viertel, zur Bronx von Dresden. Wer eine Wohnung mit Zentralheizung und Bad in einem Neubau bekam, fühlte sich wie bei einem Sechser im Lotto.
In die Neustadt zogen Künstler, Hippies, später Punks, Mitglieder der Öko- und Friedensbewegung ein. Als letztes Mittel deklarierte Honecker die Neustadt als Integrationsviertel für Strafgefangene, ohne zu bedenken, dass darunter auch viele Dissidenten waren, die zusammen mit den Künstlern diese „Bunte Ecke“ in die „Freie Republik Neustadt“ mit eigenen Regeln, eigener Flagge, Pass und Geldscheinen verwandelten.
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Inzwischen besticht das Viertel durch sanierte Bausubstanz und poppige Fassaden, ohne Gentrifizierung, gewerbliche Kleinstruktur, soziale Durchmischung und lässigen Lebensstil.