München – Mozarts „Cosi fan tutte“ in der Staatsoper überzeugend gesungen und spritzig inszeniert

Opernkritik "Cosi fan tutte" in der Münchner Staatsoper präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Bayerische Staatsoper, Foto: Wilfried Hösl

Schon in der Ouvertüre wird hörbar, dass Vladimir Jurowski Mozart in vielen Varianten zu Ohren bringt, situationsgerecht nicht nur subtil, mitunter auch kraftvoll geschmettert, in sehr flotten Tempi. „La scuola degli amanti“ lässt in seiner Version aufhorchen durch wunderschöne leichte Rezitative mit instrumentalen Klangeffekten, die die Stimmen luftig umrahmen und emotional in ganz unterschiedlichen Stimmungen weiterklingen lassen, und durch Arien, deren Koloraturen deutlich auf orgiastische Augenblicke anspielen, die das Orchester emotional witzig zu unterstreichen weiß. Das gefällt nicht jedem, aber das Münchner Publikum ließ sich in der besuchten Vorstellung nach der Premiere begeistern und honorierte die Inszenierung mit immer häufigerem Zwischenapplaus.

Das liegt natürlich auch an der Inszenierung, die Mozarts dreieinhalbstündige, sehr lange und gegen Ende auch langatmige Oper mit herrlichen Szenenklischees unserer Tage dramaturgisch aufpeppt. Die Schule der Liebe beginnt zunächst irritierend realistisch in einer mickrigen Absteige, wo Alfonso die Utensilien seiner Domina, seines Zimmermädchens Despina, dezent, doch recht eindeutig einsammelt. Sie hat die Mechanismen der Liebe längst durchschaut. „Frauen brauchen keine Liebe, aber Liebhaber“, ist ihre Devise. Die schmuddelige französische Matratze fungiert in Folge in jeder Szene als sexuelle Aufforderung. Doch Fiordiligi und Dorabella, hier zwei unerfahrene Teenies, lassen sich nicht so schnell verführen, weder in der Garage im SUV, Sponsor BMW freut sich über die Labelwerbung, noch im rot leuchtenden Blütenfeld oder in kosmischer Nacht unter atmosphärischem Blütenregen die Mini-Burg als Symbol ritterlicher Eroberung in Sichtweite.

©Bayerische Staatsoper, Foto: Wilfried Hösl

Doch die Lust beginnt zu brodeln. Die Burg erigiert plötzlich zum Plastikungetüm, genauso schnell fällt sie wieder in sich zusammen. Gerade durch die Parodie dieser tradierten, klischeehaft romantischen, effektvoll ausgeleuchteten Szenebilder gewinnt die Inszenierung eine erheiternde parodistische Authentizität, verstärkt durch die Kostüme, in denen sich Machogehabe und Prinzessinenallüren als Rollensehnsüchte spiegeln. Das ausgestellte Spiel wird zum Labor von Alfonso und Despina hinter Glasflächen voyeuristisch beobachtet, als sähen Szenen aus ihrem eigenen Leben.

Während Alfonso, von Christian Gerhaher sehr souverän gesungen und gespielt, meist, zuweilen wie Hitchcock, dezent im Hintergrund und doch als Strippenzieher stets präsent ist, glänzt Sandrine Piau durch Despinas resolute Arien, als Dottore und Avvocato durch burlesk überzogene schauspielerische Komik. 

Dem sängerischen Quartett mit den beiden Liebespaaren Dorabella (Avery Amereau) und Guilelmo (Konstantin Krimmel), Fiordiligi (Louise Alder) und Ferrando (Sebastian Kohlhepp) gelingt synergetisch ein wunderbar ausgewogenes Klangbild, mit herrlich solistischen Arien, wobei Avery Amerau durch die irren Tonsprünge ihrer Partie ganz besondere Akzente setzt. Der Chor, in den Logen positioniert, fügt sich sehr subtil, aber auch mit markanten Sequenzen wunderbar in das musikalische Konzept ein. 

Mit dieser Inszenierung kann man auch ein junges Publikum für die Oper interessieren.