Torsten Sträter  „Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen“ – Kabarett in Prosa

Buchrezension Torsten Sträter  „Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen“ präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Ullstein Verlag, 2022

„Die therapeutische Wirkung der Blamage ist enorm, exorbitant!“, bekennt Torsten Sträter. Als ihn jeder in der Dortmunder Fußgängerzone anlächelt, fühlt er sich geehrt. Ist die neue Sendung am Wochenende der Sprung von „Zero to Hero“? Nein, es ist nur die Reaktion auf den Nutella-Fleck auf seiner Stirn.

Schonungslos geht Torsten Sträter, seinem Image als skurriler Comedian gerecht werdend, mit seinen Lieblingsfeinden um. Natürlich will er die deutsche TV-Legende Hugo Egon Balder als Festredner zum 70. Geburtstag nicht auf dem Lachgrill rösten, vielmehr schlägt er den alten Burschen in „senil daneben“ wie ein Ei in die Pfanne. Nein dieser Balder altert nicht, er verwittert. „Dieser Mann geht nicht kaputt. Er fermentiert.“ 

In sieben Kapiteln harmlos umrahmt von „Stories“ bis “Kammanommagucken“ veröffentlicht Torsten Sträter als Best of 67 Geschichten  u. a. „Die Pandemie-Papiere“, die „Akte Wichs: Das Beste vom Schlechten“, „Extra 3: Die Texte“ mit den Promi-Politikern in der Schussgeraden, Scholz in seinem Transparenz-Gefasel, das angesichts seiner Null-Erinnerung in Sachen Cum-Ex sehr milchig wirkt. Egal ob über die Lichtgestalt Boris Johnson, dem einzigen in der Brandung, ohne den es gar keine Brandung gäbe“ oder Markus Söder, der mit seinem Bavaria One Projekt den Lari-Fari-Bundesländern das Regieren vormachen will, man amüsiert sich köstlich über das rhetorische Tranchieren personalpolitischen Managements. Und manchmal knallt die Satire wie in der Batman-Hymne erst im letzten Satz. Dieser Film kann einfach alles. „Vor allem aber kommt einem die Welt nach diesen hundert Minuten Technicolor-Schwachsinn wieder absolut normal vor.“ 

Der Mensch hinter dem Label Torsten Sträter ist ein ganz anderer. Zu wenig für einen Roman outet er in einem Zwischenspiel „Warum ich kein Buch über meine Depressionen schreibe“. Die hat er nach 20 Jahren Kampf  und mehreren Selbstmordversuchen inzwischen im Griff. Der Weg aus der Dysbalance von Einkommen und Verschuldung, sozialem Abstieg und depressiver Vereinsamung war schwierig und erklärt gleichzeitig seine bitterböse Ironie und die authentische Wirkung seiner Texte, nicht zuletzt den Titel „Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen“.

Torsten Sträter „Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen“, Ullstein Verlag, Berlin 2022, 284 S.