München – Carl Maria von Webers „Der Freischütz“ – Das Dunkle in jedem –  in der Staatsoper 

Münchner Staatsoper "Der Freischütz" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Staatsoper München, Wilfried Hösl

Mit blasierter Partyatmosphäre von Anzugträgern, sadistischer Intrige am Bistrotisch anstelle eines Paktes mit dem Bösen und dämonischer Waldschlucht präsentiert Dmitri Tcherniakov mit seinem „Freischütz“-Debüt  ohne jegliche Vorprägung, brachial und stimmig Libretto wie Bühnengeschehen. Er verzichtet auf alles Magische, sucht vielmehr das Dunkle, das jeder Mensch in sich trägt und wandelt den „Freischütz“ in einen Tatort-Thriller unserer Tage. Das ist rasant, aber nichts für Weber-Puristen und Romantikliebhaber.

Mit Bálint Szabós mächtigem Bass wird Kuno zur Verkörperung des Bösen in Form eines aalglatten Kapitalisten. Der Probeschuss wird zum perfiden Macht-Ritual. Kuno zwingt Max, den ungewünschten Schwiegersohn, aus dem Fenster auf irgendeinen Passanten zu schießen. Max zielt und schießt „Scheiße, was für eine Sackgasse“ eröffnen sich via Projektion seine geheimsten Gedanken. „Jemanden erschießen oder die Liebste verlieren?“ Weidwund heult der herzensgute Max, mit Pavel Černoch bestens besetzt, auf. Doch der Volltreffer ist ein Fake, arrangiert von Kuno, um Max wie eine Marionette manipulieren zu können. Traumatische Scheinhinrichtungen treiben Max in den Wahnsinn und kosten Agathe das Leben. 

Münchner Staatsoper "Der Freischütz" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Staatsoper München, Wilfried Hösl

Sehr facettenreich agiert und singt Kyle Ketelsen in seiner Doppelrolle,  feinfühlig als Freund Kaspar und mit abgründiger Stimmgewalt als Samiel. Tareq Nazmi brilliert als eremitischer Partytyp mit wuchtiger Tiefe.

Antonello Manacorda lässt sich von dieser modernen Inszenierung zu keinen Experimenten verführen. Er interpretiert zusammen mit dem Bayerischen Staatsorchester den „Freischütz“ von seiner Historie aus, romantisch mit Fokus auf die menschlichen Gefühle, ohne zu dick aufzutragen und überaus transparent.

Hinter der Bühne Elena Zaytseva (Kostüme), Gleb Filshtinsky (Licht), Show Consulting Studio (Video),  Lukas Leipfinger (Dramaturgie), Tatjana Wereschtschagina (Mitarbeit Dramaturgie), Stellario Fagone (Chor)

Der Freischütz steht als Video on Demand zur Verfügung.