„Wir könnten genauso gut tot sein“ – ein Thriller über die Angst

Filmkritik „Wir könnten alle schon tot sein“ präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de.

©Copyright Existent Filmverleih

„Die andere Welt“ im gepflegten Hochhaus mit Golfplatz, Schwimmbad durch einen Drahtzaun von der Außenwelt geschützt, ist alles andere als ein Paradies. Aus der Froschperspektive wie ein First-Class-Hotel mit goldener Aura verdüstert sich das Bild zum kafkaesken Gefängnis mit überaus seltsamen Bewohnern. Die neuen Mieter buckeln um Anerkennung und Fürsprache bei der Sicherheitsbeauftragten, die selbst sehr verunsichert ist, weil sich die Tochter schuldig am vermeintlichen Tod des Hausmeisterhundes fühlt. Weil sie glaubt, ihre bösen Gedanken würden Realität, hat sie sich selbst im Badezimmer isoliert und kommuniziert mit ihrer Mutter, berührende Sequenzen menschlicher Dramatik. 

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Die Frage, was macht einen guten Mitbewohner aus, hängt wie ein Damoklesschwert über der Hausgemeinschaft, die hinter den Kulissen nicht so sozial ist, wie sie vorgibt. Auch hier agieren die Menschen unsozial und unüberlegt, freuen sich am Leid der anderen. Die Angst verstärkt sich, als angeblich der tote Hund, in Wirklichkeit ein Marder, gefunden wird. „Wir könnten genauso gut tot sein“.

Die Sicherheitsbeauftragte strengt sich noch mehr an, wacht tagsüber bis tief in die Nacht über die Sicherheit der Hausbewohner. Doch die psychotische Stimmung wächst. Das gegenseitige Misstrauen wird größer. Die Froschperspektive als Vision des besseren Lebens tauscht mit der Vogelperspektive in den Abgrund menschlichen Unvermögens, das sich immer mehr zur Ausgrenzung kulturellen Andersseins formiert. Während die Freundin mit ihrem Kind Netzwerke baut, isoliert sich die Sicherheitsbeauftragte immer mehr und gerät in den Sog eigene Fehler zu vertuschen, um mit ihrer Tochter bleiben zu können. Sie ruiniert das Leben des Dichters, der als Kammerjäger symbolisch als schwächstes Glied der Hausgemeinschaft im Keller lebt, indem sie ihm ihren eigenen Diebstahl unterschiebt. Ihre Haut kann sie trotzdem nicht retten. Auch sie muss mit ihrer Tochter das Haus verlassen. Ein beklemmender Film, der menschliche Abgründe durch räumliche und geistige Abgrenzung, mangelnde Toleranz und fehlendes Vertrauen  entwickelt. Kontrolle hilft nichts, wenn die Mitmenschlichkeit fehlt und der Einzelne ganz auf sich selbst zurückgeworfen wird.

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„Wir könnten genauso gut tot sein“, ist seit Ende September 2022 in den deutschen Kinos zu sehen.

Künstlerisches Team: Natalia Sinelnikova (Drehbuch und Regie), Viktor Gallandi (Drehbuch), Jan Mayntz (Kamera), Evelyn Rack (Montage, Schnitt), Michael Kondaurow (Ton, Musik), Maxi Menot (Musik)