Pia-Luisa Lenz‘ Dokumentarfilm „Für immer“ – ein Film der Erinnerungen aus der Perspektive des Alters

Filmkritik "Für immer" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Weltkino Filmverleih 

Eva ist krank, wird immer gebrechlicher. Dieter versorgt zunehmend den Haushalt und hilft ihr beim Anziehen. Sie liest mit junger und alter Stimme in ihren Tagebüchern, für erstere leiht ihr Nina Hoss aus dem Off ihre sanft weiche Stimme. 

1980 war das noch ganz anders. „Er ist der Fels, sie die Brandung, er liebt den Flug, sie die Landung, er hat die Arbeit, sie das Klagen“ formulierte es ein Freund witzig, als das Haus mitten im Wald wegen Dieters architektonischer Planungen ewig lang nicht fertig wurde. Als es fertig war, wackelte die Ehe. Das ist lange her. Jetzt wirken beide wie Philemon und Baucis. „Dieter macht mich so ruhig. Er nimmt mich in die Arme und alles Unangenehme fällt von mir ab“, gesteht sie.

In atmosphärischen Sequenzen fängt Pia-Luisa Lenz das Miteinander dieser beiden alten Menschen ein, fast eine Anleitung wie schön Leben im Alter noch sein kann. Beide sind sich der Vergänglichkeit sehr bewusst und dankbar, dass sie noch einander haben. Sie essen zusammen und genießen ihr Umfeld, oft mit Musik im Hintergrund, fahren Tretboot und wagen zu Silvester noch ein Tänzchen. Dieter hört schon schlecht, ist aber noch so fit, dass er im Garten Holz hackt. Evas Beweglichkeit wird immer eingeschränkter. Sie sitzt meist am Schreibtisch und liest in ihren Tagebüchern, die sie 1949 zu schreiben begann, holt die kritischen und schönen Momente ihrer Ehe in die Gegenwart, die durch Fotografien lebendig werden. Oft hatte sie sich mit den Kindern allein gelassen gefühlt, während Dieter seiner Arbeit und seinen Geselligkeiten nachging. Sie flüchtete sich in Liebesbeziehungen. Er fühlte sich diskreditiert. Jetzt leben sie in Harmonie, aber wegen ihrer zunehmenden Beschwerden in getrennten Betten. Manches mag sie nicht lesen, um sich nicht erinnern zu müssen und doch taucht plötzlich der Unfall der vierjährigen Tochter auf und die Wut auf den Autofahrer, der sie überfahren hatte. Letztendlich überwiegen die schönen Momente und es gibt sie immer noch, wenn plötzlich ein Reh vom Garten ins Wohnzimmer blickt, er ihr Blümchen zum Geburtstag auf den Tisch stellt. „Wir lernen erst jetzt richtig zu lieben“, bekennt sie. „Doch wie lange werden wir uns noch haben?“ Sein wehmütiger Blick in die Ferne verrät die Traurigkeit, dass sie vor ihm die Welt verlassen wird.

Es ist ein Gewinn sich diesen feinfühligen, sehr empathischen Film anzuschauen. 

Künstlerisches Team: Pia-Luisa Lenz (Drehbuch, Regie, Kamera), Henning Wirtz (Kamera), Stella Sommer, Alexis Taylor (Musik), Ulrike Tortora (Schnitt) 

 

 

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