Mohammad Rasoulof „Doch das Böse gibt es nicht“ – ausgezeichnet mit dem „Goldenen Bären 2021“

Filmkritik "Das Böse gibt es nicht" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Grandfilm

Mit der Kamera folgt Mohammad Rasoulof dokumentarisch vier Männern im Iran. Er begleitet sie in ihrem Alltag, zeigt ihre Liebenswürdigkeit und Liebesfähigkeit, die ganz unvermittelt durch die Härte des Gesetzes, völlig aus der Balance geraten.

Hesmat ist ein fürsorglicher Ehemann, Vater und Sohn. Er kümmert sich um seine kranke Mutter, den Haushalt, die Familie. Zum Einschlafen braucht er Tabletten. Um drei Uhr morgens klingelt der Wecker. Der Weg von der Garage der bürgerlichen Existenz führt in eine labyrinthische Tiefgarage. Er frühstückt. Die Kontrolllampen zeigen auf Grün. Er drückt sie. Schnitt. Männerbeine der Erhängten baumeln schlaff in der Luft, dazwischen ein versiegender Pinkelstrahl. Hesmat hat sich dem System angepasst.

Pouya, ein junger Soldat, will sich der militärischen Tyrannei nicht beugen, die das Exekutieren von Gefangenen im Wehrdienst verlangt. Ohne Wehrdienst gibt es weder Pass noch Führerschein, weder eine Arbeitserlaubnis noch einen Studienplatz. Er sucht einen Ausweg in hoffnungsloser Situation.

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Javad hat drei Tage frei vom Wehrdienst, um seiner Freundin an ihrem Geburtstag einen Heiratsantrag zu machen. Doch diese Freiheit, wie er plötzlich erkennt, ist teuer erkauft und wird seine Liebe lebenslänglich überschatten.

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Bahram darf nicht offiziell als Arzt arbeiten. Er lebt ganz abseits in der Einöde. Seiner Nichte Darya aus Deutschland, die er bittet zu kommen, will er die Tragik seines Lebens enthüllen, womit er ihr den Boden unter den Füßen entzieht.

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Obwohl es vier getrennte Geschichten in vier verschiedenen Regionen des Irans sind, fügen sie sich zu einem Epos der Schuld, verursacht von einem Recht, das die Mächtigen festlegen, um ihre Position zu festigen. Das Böse gibt es sehr wohl. 2000 Menschen wurden in den letzten sechs Jahren im Iran gehängt.

Gleichzeitig vermittelt der Film ein ganz anderes Männer- und Frauenbild als der übliche Medienmainstream. Es sind sensible, nachdenkliche Männer, die Verantwortung für ihre Familien übernehmen. Die Frauen wirken pragmatisch, konsequent und empathisch. Ganz anders Darya, im Westen großgeworden, kann sie diese Welt nur für Momente erspüren.

Mit langen Einstellungen, harten Schnitten, wechselnden Perspektiven erzählt der Film ganz ruhig von den Grausamkeiten im Iran. Wer diesen Film sieht, verlässt das Kino mit einem anderen Bewusstsein für Menschen im Iran. 

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Besetzung:  Ehsan Mirhosseini, Shaghayegh Shourian, Kaveh Ahangar, Alireza Zarepa