Film – Asghar Farhadis „A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani“

Filmkritik "A Hero - Die verlorene Ehre des Herrn Soltani"

© PR, Neue Visionen Filmverleih

Über Nacht wird Rahim Soltani zum Helden und „Vorbild für alle“ stilisiert, als einige Notlügen an den Tag kommen von den sozialen Netzwerken seiner Ehre beraubt.

Im Detail, ganz nebenbei und dezent spiegelt Farhardi mit diesem Einzelschicksal, wie die Gesellschaft durch die Medien manipuliert wird, die Gesellschaft ihr traditionell verankertes Wertebewusstsein verliert, das Zuhören dem Rechthaben weicht, sich extrem schnell die öffentliche Meinung ändert und das Wirken der Wohltätigkeitsorganisationen torpediert wird. Gleichzeit offeriert Farhadi die Verlogenheit der bürokratischen Systeme, die allzu gerne ihre Macht mit Druck nach unten ausüben und gegenüber denen brave, naive Bürger, zu denen auch Soltani gehört, keine Chance haben. 

Im Nachhinein wird die erste Szene zum Symbol von Soltanis Aufstieg und Absturz. Mitten im staubigen Ödland steigt er dynamisch ein gigantisches Baugerüst hinauf. Kaum ist er oben, fordert ihn sein Schwager, den er sprechen will, auf, nach unten zu gehen. Dieser dramatischen Rigorosität folgt die Handlung, in der die Zuschauer genauso wie die Menschen im Umfeld Soltanis von naiver Ehrlichkeit geblendet werden und schneller als er selbst die Stolperfallen erkennen und die Argumentation der Gegenseite verstehen lernen. 

Jede der Männerfiguren zeichnet Farhadi ambivalent zwischen LIcht und Schatten. Man kann die Beweggründe ihres Handelns verstehen. Soltani lädt unabsichtlich Schuld auf sich, indem er sich in seiner Naivität von den Behörden instrumentalisieren lässt, das Gefängnis schön zu zeichnen, obwohl ungewöhnlich viele Selbstmorde begangen werden. In einer Fernsehreportage wird sein künstlerisches Talent zum Werbespot für das Gefängnis. Statt zu weißeln, Filmschnitt, malt er plötzlich in satten Farben wunderschöne Motive. Er ist nichts anderes als ein „armer Dummkopf“, der benutzt wird zu zeigen, „dass in diesem Land alles gut ist.“

Immer fragwürdiger wird Soltanis Verhalten, der keinerlei politisches Bewusstsein hat, nur seine Sicht der Dinge vorantreiben will, dabei aber tatsächlich Ehre entwickelt, indem er die Instrumentalisierung seines sprachbehinderten Sohnes für eine emotionalisierende Botschaft in den sozialen Netzwerken verhindert. Lieber geht Soltani zurück in das Gefängnis als seinen Sohn in seiner sprachlichen Schwäche vorzuführen. 

Damit und nicht zuletzt durch die Besetzung Soltanis mit Amir Jadidi, in dessen Gesicht und Haltung sich Aufstieg und Absturz spiegeln, bleibt Soltani der Sympathieträger und der wahre Held des Films.

Filmkritik "A Hero - Die verlorene Ehre des Herrn Soltani"

© PR, Neue Visionen Filmverleih

Am Schluss hat sich seine Optik völlig verändert. Seine Augen leuchten mehr denn je. Er hat nicht nur seine Selbstachtung zurückgefunden, sondern auch die Liebe seines Sohnes und die Frau, die er liebt, bleibt treu an seiner Seite, womit Fahrhadi auf die Familie als Rettungsanker fokussiert. Aber der Film endet nicht als Seifenoper, sondern sehr realistisch mit etwas Hoffnung, die umso mehr die Verlorenheit des Einzelnen in diesem Regime zeigt. Es ist ein ruhiger, empathischer Film, der Einblick in die verkrusteten und gleichzeitig verändernden Strukturen im Iran gibt. 

Filmkritik "A Hero - Die verlorene Ehre des Herrn Soltani"

© Filmplakat, Neue Visionen Filmverleih

Regie: Asghar Farhadi

In den Hauptrollen: Amir Jadidi (Soltani) , Mohsen Tanabandeh, Sahar Goldust und Saleh Karimai