Berlinale – „My Salinger Year“ – Eröffnungsfilm enttäuscht 

Film-My Salinger Year

©micro-scope

Joanna  möchte Schriftstellerin werden, ein überaus schwieriges Unterfangen in New York. Sie findet zunächst als Sekretärin in einer Verlagsagentur einen Job und muss die Fanpost von J. D. Salinger beantworten, der seit Jahren keinerlei Kontakt wünscht. Kühl distanziert von ihrer Chefin behandelt, bleibt Joanna  subordinierte Angestellte.

Doch sie zeigt Talent, weiß empathisch das Richtige zu tun, lässt sich durch ihre Emotionalität hinreißen, Grenzen zu überschreiten  und findet sich letztendlich in ihren Erfahrungen, die ihr den richtigen Weg für sich selbst zeigen. 

Regisseur Philippe Falardeau hatte genau im Vorfeld ganz präzise Vorstellungen von der Umsetzung der bekannten Romanvorlage Joanna Rakoffs, so dass sie  sofort einer Verfilmung zustimmte und  Falardeaus reduziertes Drehbuch voll akzeptierte.

FIlmkritik "At Salinger Year"

©Michaela Schabel

Mit kleinem Team entstand ein stimmig atmosphärischer Film, der  auf die schauspielerische Ausdruckskraft bravouröser Schauspielerinnen vertraut, zumal Falardeau das Geschehen ganz nah in Großaufnahme zeigt. Dabei wirkt Joanna fast wie die jüngere Version Margerets. Sehr ehrgeizig, sehr beherrscht und im Innersten extrem emotional. Eine Generation unterscheidet die Grande Dame von der jungen impulsiven Frau.

FIlmkritik "At Salinger Year"

©Michaela Schabel

Zwischen elegant nostalgischen Agentur der Cheflektorin Margeret und den schlichten Lebensverhältnissen Joannas zeichnet der Film die New Yorker Atmosphäre der 90er Jahre detailgetreu nach. Margaret Qualley in  Mädchenkleidern mit weißem Kragen, ihren großen blauen Augen, dunklen Haaren und vollen Lippen wirkt als junge aufstrebende Literaturbegeisterte absolut authentisch. 

Lektorin Margeret lebt in einem literarischen Elfenbeinturm. Sigourney Weaver spielt sie sehr still und kühl, distinguiert, verletzend dominant.  Erst als sie selbst in eine Lebenskrise gerät, Joanna sie spontan umarmt, lässt Margeret wieder Gefühle zu, ein schlichter, doch sehr bewegender Augenblick, in dem sich die Botschaft dieses Films realisiert. Warum soll man keine Gefühle zeigen. 

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