Berlinale Special – Robert Schwentkes „Seneca – The Creation of Earthquakes“ als brutale Groteske

Filmkritik "Seneca" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Filmgalerie 451

Seneca lässt sich zum Senator wählen, wird ganz bewusst Teil eines perfiden Machtsystems, um wenigstens mit einer Stimme Gnade vor Gewalt aufleben zu lassen. Gekonnt spielen die Dialoge auf die Gegenwart ein und Ersan Mondtags Gespür für das extrem Bizarre leuchtet in der Thyestes-Sage als Theaterspiel im Film auf. 

Als systemimmanentes Mitglied beschränkt sich Senecas Macht im Grunde nur auf einen Satz. „Yes, Mr. President“. Seneca agiert als smarter Politiker wortwörtlich hinter den Kulissen. Mit Festgelagen und brutalsten Theaterspektakeln in seiner Villa am Meer gewinnt er die exaltierte High Society für sich. Doch Senecas theatrale Botschaft der grausamen Thyestes-Sage, gespielt von Sklaven, verpufft zur bloßen Horrorunterhaltung, deren Grausamkeiten man als Zuschauer auch als Groteske kaum ertragen kann. Trotz symbolischer Sonnenfinsternis wird weiter gefeiert.

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Als Seneca selbst auf der Abschussliste steht, suchen die Gäste das Weite. Seneca zieht den Selbstmord der Hinrichtung vor. Es bedarf schon mehrerer Selbstmordsuche, um dieses philosophische Schwergewicht ins Jenseits zu befördern. Wie ein Sack über den Rücken eines Esels geworfen, an gigantischen Elektrizitätsmasten vorbei transportiert endet der Philosoph unbedeutsam im Massengrab. Kein Wunder, dass die Welt zwischen glühenden Lavaströmen und kalbenden Gletschern kollabiert, wenn nur die Macht regiert. Ein großartig grotesker Film!“

Künstlerisches Team: Robert Schwentke (Drehbuch, Regie), Matthew Wilder (Drehbuch), Roman Mares, Marco Trentini, Sasa Zivkovic, Ersan Mondtag (Künstlerische Leiter), Benoît Debie (Kamera), Martin Todsharow (Musik), André Bedocchi Alves (Sound), Anna Wübber (Kostüme) Julia Böhm, Friederike Schäfer (Maske)

Besetzung: John Malkovich (Seneca), Tom Xander (Nero), Geraldine Chaplin (Cecilia) Louis Hofmann (Lucilius), Lilith Stangenberg (Paulina), Samuel Finzi (Statius), Mary-Louise Parker (Agrippina), Andrew Koji (Felix), Julian Sands (Rufus), Alexander Fehling (Decimus)