©Petrolio/Dirk Lütter
Carmen Losmann bewertet nicht, stellt nur dar, moderiert die Recherchearbeiten und fasst zusammen. Aus einer auf dem blauen Teppich vor den gigantischen Glaspalästen der Wirtschaftsunternehmen und Banken entwickelt sich aus dem kapitalistischen Spiel der 80er Jahre die kapitalistische Realität von heute. Das Spiel, aber auch die renonmmeesüchtige Glasarchitektur der Wolkenkratzer suggerieren Transparenz, die das kapitalistische System geschickt vertuscht. Panoramablick immer wieder durch große Glasfassaden von oben auf die Niederungen kleinbürgerlicher Existenzen verdeutlicht einmal mehr das Ungleichgewicht der sozialen Hierarchien.
In der Realität ersetzen zunehmend Kredite das Geld. Mit jedem Kredit schafft die Bank neues Geld. Immer neue Kredite müssen rekrutiert werden, um die alten abzusichern. Die Umlauf-Geldmengen steigern sich immer schneller. Das System wird immer fragiler.
Das transparent zu machen, war vielen Wirtschaftsunternehmen und Kreditinstituten zu heiß. Anfragen wurden ignoriert oder abgewiesen, Interviewtermine gekürzt, Meetings nur als Nachstellung ohne Einsicht in die Authentizität für Filmaufnahmen erlaubt.
Dennoch ist der Film überaus überzeugend, denn zögerliche Antworten und Ratlosigkeit der Gesprächspartner sprechen für sich, geben dem Dokumentarfilm situationsbedingt zuweilen eine erfrischend parodistische Wirkung. Auf einem Screen wie früher in ein Schulheft mit Merksätzen und einfachsten Skizzen fixiert, haken sich die wichtigsten Rechercheergebnisse nachhaltig in das Gedächtnis ein.
Wohin das alles führt? Der Click auf „Exit“ gibt symbolisch die Antwort und baut damit nicht nur im Wortklang zu Lars von Triers „Melancholia“ eine Brücke, sondern auch zu dessen endzeitlicher Stimmung.
Alternativen werden nicht angesprochen. Das wäre „ein eigener Film“, so Carmen Losmann beim Interview nach der Weltpremiere.
©Michaela Schabel
Die Drehbuchautorin, Regisseurin und Filmproduzentin wurde auf der „DOK“ 2011 in Leipzig mit „Work Hard, Play Hard“ mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Man darf gespannt sein auf das Echo der Wirtschaft, wenn der Film nach der Berlinale in die Kinos kommt.