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Berlinale – „Gangubai Kathiawadi“ – die Problematik von Mädchenhandel und Prostitution als Bollywood-Film

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Berlinale – „Gangubai Kathiawadi“ – die Problematik von Mädchenhandel und Prostitution als Bollywood-Film

©Friday Entertainment, Berlinale 22

Aus dem fröhlichen Mädchen Ganga wird eine verführerische Prostituierte Gangu, dann die kluge Anführerin Gangubai, die sehr erfolgreich für die gesellschaftliche Anerkennung der Prostitution kämpft. Statt als Filmstar wird sie als Politstar nicht minder gefeiert. 

Es ist letztendlich der Charme Alia Bhatts in der Titelrolle, die dem Film trotz des angestaubten Umfelds Charisma verleiht. Ihrer Mädchenaura kann kein Mann widerstehen, weder der Mafiaboss, durch dessen Kooperation sie das nötige Geld bekommt, um nach dem Tod der Zuhälterin das Leidenshaus in ein gepflegtes Freudenhaus zu verwandeln, noch der europäische Journalist, der sie auf die Titelseiten bringt. Selbst den Ministerpräsidenten wickelt sie lächelnd und argumentativ um den Finger. „Ich kann nicht meine Vergangenheit ändern, aber die Zukunft unserer Kinder“. Er wird ihr Anliegen auf höchster Ebene zum Thema machen. Natürlich siegt Gangubai nach allerhand, reichlich dick aufgetragenen Verwicklungen im Wahlkampf  mit dem Ergebnis eines jubelnden Siegeszuges durch die Straßen, bei dem ihr sogar der Konkurrent Bewunderung zollt.

Das ist wie ein Märchen, mehr noch ein indisches Märchen zwischen drastischer Grausamkeit und funkelndem Glamour, zwischen lehmigen Straßen, nostalgischer Kutschenfahrt und elegantem Rolls-Royce. Die schauspielerische Mimik erinnert an die Pathetik früherer Filme, die Tanzszenen an ehemalige Tanzrevues nur ein Vielfaches schneller bis zum ekstatischen Herumwirbeln. Das alles ist aus europäischer Sicht sehr gewöhnungsbedürftig, fällt normalerweise unter die Rubrik historischer Kitschfilm, zeigt auf der anderen Seite, dass der indische Bollywood-Film beim indischen Publikum höchst beliebt ist. Eine derartige Begeisterung  inklusive Szenenapplaus  habe ich in dieser Art noch nie bei einer Filmvorführung erlebt.