Axel Ranisch „Orphea in Love“

Filmkriti "Orphea in Love" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

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Orpheus, der berühmte Sänger der Antike, der mit seinem Gesang seine verstorbene, heiß geliebte Frau aus dem Hades zurückholen will, ist bei Axel Ranisch eine Frau. Nele erfüllt zwar nie die Zielmargen im Callcenter, hat aber eine wunderbare Sopranstimme und träumt von einer Karriere als Sängerin. Als bei einer Aufführung Operndiva Adina Nicoletta heiser ist, singt Nele im Hintergrund die Arie zu Ende. Publikum und Talentmanager Höllbach sind begeistert. Es scheint die große Chance für Nele zu sein. Gleichzeitig verliebt sie sich in den kleinkriminellen Streetperformer Kolya. In berauschenden Szenen von Gesang und Tanz beginnt sich in diesem Liebespaar die Geschichte von Orpheus und Eurydike mit vertauschten Rollen zu spiegeln. Als Kolya durch einen Autounfall verunglückt, holt Nele ihn in traumatischen Sequenzen aus dem Totenreich zurück ins Leben und überlässt dafür Adina Nicoletta ihre Stimme. Die Liebe ist ihr wichtiger als die Karriere. Nele blickt sich nicht wie einst Orpheus um. Ein Happyend gibt es trotzdem nicht. 

Die Kamera folgt Neles und Kolyas gegenseitigem Suchen und Finden in berührenden Augenblicken, schwenkt aus weiten Perspektiven auf die Gesichter, in denen sich ihre gegenseitige Liebe spiegelt. Ganz anders die Welt des Talentmanagers und seiner Operndiva, die in einer selbst erschaffenen Hölle leben und andere in den Abgrund stürzen. „Orphea in Love“ beschwört die Kraft der Liebe, die  an der Perversion des gesellschaftlichen Umfelds scheitert.

Die Arien aus vier Jahrhunderten von Monteverdi, Händel, Gluck, Verdi, Wagner und Puccini bis zu John Adams und Filmmusik von Martina Eisenreich eröffnen tiefste Gefühlswelten und Träumereien, die den schnöden Alltag vergessen lassen. Sobald Nele, alias Mirjam Mesak, Sopranistin aus Estland und derzeit Ensemblemitglied der Bayerischen Staatsoper, singt, beginnt sich ihr Umfeld zu verändern, weichen selbst im Callcenter die Spannungen durch ständige Kontrolle und Gewinnausrichtung. Zusammen mit Guido Badalamenti, Mitglied der Ballettkompagnie des Münchner Gärtnerplatztheaters, entstehen magische Szenen zweier Seelenverwandten.

Durch den ständigen Wechsel von Realität und Traum, Normalität und abgehobener, bildgewaltiger  Welten entwickelt Axel Ranisch weit über den gewöhnlichen Opernfilm hinaus ein neues Genre, ein poetisches „Operndrama“ als Synthese von Opernmythos und modernem Zeitgeist, dem Regietheater auf der Bühne vergleichbar, doch durch die Möglichkeiten des Films viel spannender, ein neuer Wirkungsbereich für schauspielerisch begabte OpernsängerInnen und eine Chance für die Oper eine breiteres Publikum zu erreichen. „Orphea in Love“ eröffnet einen neuen Weg Oper intuitiv verstehen und lieben zu lernen.

Künstlerisches Team: Axel Ranisch (Drehbuch, Regie), Sönke Andresen, Dennis Pauls (Drehbuch), Martina Eisenreich (Soundtrack), Milenka Nawka, Federico Neri (Chef-Cutter), Alfred Mayerhofer (Chef-Kostümbildner), Verena Kaupert (Set-Dekorateurin)

Mit: Mirjam Mesak (Nele), Guido Badalamenti (Kolya), Ursina Lardi (Adina Nicoletta), Heiko Pinkowski (Talentmanager Höllbach), Ursula Werner (Ziehmutter Kolyas)