Michel Houellebecqs Roman „Karte und Gebiet“ als Graphic Novel gezeichnet von Louis Paillard

Buchkritik von Michel Houellebeqc, Louis Paillard „Karte und Gebiet“ präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©DuMont Buchverlag

„Karte und Gebiet“ ist ein Künstlerroman, der sich zum Krimi weitet und als Science Fiction mäßige Visionen präsentiert. Michel Houellebecq inszeniert sich selbst als kauzige Hauptfigur, ein saufender, raufender Schriftsteller. Völlig abgeschieden lebend wird er Opfer eines Ritualmordes. Bei den Ermittlungen kommt Ted Martin, eine Anspielung auf den erfolgreichen Künstler und Konsumkritiker Jeff Koons, ins Spiel, der sich ebenfalls aus der Gesellschaft zurückzieht, künstlerisch das organische Werden mit dem materiellen Verfall der Dinge erforscht, vergleicht und damit die Stärke der Natur hervorhebt. Als  Ted Martin nach 15 Jahren wieder in die Öffentlichkeit tritt, hat sich Frankreich von einem Industrieland in ein Touristenland verwandelt. 

Einen Künstlerroman zeichnerisch in Szene zu setzen macht Sinn. Louis Paillard, Professor für Architektur und leidenschaftlicher Zeichner, fertigte bereits für „Vernichten“ Illustrationen an und präsentiert jetzt mit „Karte und Gebiet“ seine erste Graphic Novel. Im gigantischen Querformat von fast DIN 4, von unten nach oben lesend, etwas umständlich beim Blättern, aber mit opulenter Haptik wirkt „Karte und Gebiet“ schon optisch wie ein außergewohnliches Kunstwerk im Rahmen der Graphic Novels.

Louis Paillard kürzt den Text auf ein Drittel mit den wichtigsten Schlüsselszenen ein, die er zeichnerisch und durch Sprechblasen sehr pointiert in Szene setzt. Schwarz bebrillt die Intellektuellen, stylisch die Kulturmenschen, sehr authentisch Houellebecq, als Leiche wie aus einem Horrorfilm. Eingebettet in alltägliche Situationen und atmosphärische Landschaften entsteht ein spannendes Storyboard, das in Schwarz-Weiß und teilweise in Farbe eine ungeheure Plastizität entwickelt, in denen unterschiedliche Kunstrichtungen vom Pointillismus über Neoexpressionismus bis Fotorealismus oder subtilen Federzeichnungen sichtbar werden. Durch die Sprechblasen gewinnt der Text an dramaturgischer Spannung, umgekehrt beleben Landschaftsskizzen den Originaltext, der allerdings bedingt durch den flotten Schrifttyp etwas anstrengend zu lesen ist. Für Liebhaber der Graphic Novel ist „Karte und Gebiet“ sicher ein Highlight. 

Michel Houellebeqc, Louis Paillard „Karte und Gebiet“, DuMont Buchverlag, S. 150

 

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