Landshut – „Entrückt“ – gegenständliche Malerei in der Galerie Jahn

Ausstellung "Entrückt" Galerie Jahn präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel

Die sonnendurchglühten Ölbilder von Martin Veigl ziehen die Blicke auf sich, signalisieren sie doch Sommer pur, junge Mädchen mit schimmernder Haut und glänzenden Haaren, etwas verdeckt im Profil, die Augenlider nach unten ganz versonnen. Sie wirken wie wunderschöne Erinnerungssequenzen, die sich wie mit einer Kamera herangezoomt aus den vagen pastellfarbenen Hintergrund und Farbflächen viel plastischer und leuchtender als jede Fotografie herauskristallisieren.

Harding Meyer fokussiert auf Frauengesichter eines ganz speziellen Frauentyps. Es sind natürliche Schönheiten, nur leicht geschminkt, etwas Kajal oder Wimperntusche und Lipgloss. Durch die angeschnittene Stirn wirkt ihr durchdringender Blick noch intensiver. Aug in Aug scheinen sie ihre Geschichten dem Betrachter zu erzählen, die die Spuren auf ihrer Haut wie einen Schleier der Trauer hinterlassen haben, das pure Gegenteil zu Martin Veigls Sommerstimmungen. 

Ausstellung "Entrückt" Galerie Jahn präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel

Ernst und nachdenklich sind auch Martin Schnurs traumatische Konstellationen. Er positioniert Frauen in abstrakten und traumatisch verfremdeten dunklen Räumen, aufrecht oder scheinbar in einen Abgrund rutschend, vor und auf Spiegeln, wodurch sich geheimnisvolle Duplizierugen ergeben, die an Freuds Es-Strukturen im Unbewussten denken lassen. 

Ausstellung "Entrückt" Galerie Jahn präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel

Dazu schaffen Kate Waters’ Tuschzeichnungen auf Papier eine narrative Linie in ein nüchtern fotorealistisches US-amerikanisches Ambiente, das selbst sonnendurchflutet die Tristesse einsamer Monotonie vermittelt.

Der absolute Höhepunkt dieser Ausstellung sind die kraftvoll düsteren Bilder von Heng Li. Er stammt aus China, studierte in einer Heimat, im russischen St. Petersburg und in Deutschland Kunst. Seine ungewöhnliche Maltechnik basiert auf seiner kalligraphischen Ausbildung, bei der er lernte den Pinsel sehr steil und ganz schnell zu bewegen. Seine nächtlichen Spaziergänge bei Wind, Nebel, Regen geben ihm die Inspiration für seine Graslandschaften unter großen Horizonten, ganz anders als bisher Gesehenes, insbesondere seine beiden jüngsten Arbeiten, die seit Beginn des Kriegs in der Ukraine entstanden sind. Farbig in Acryl grundiert, in dunklen Ölfarben übermalt, die Farbe wieder abgekratzt verwandeln sich Heng Lis romantische Nachtlandschaften in bedrückende Apokalypsen. Bedrohlich ragen die Heumanderl in die Nacht auf. Der Titel, „Good Night“ wirkt vor dem politischen Hintergrund wie ein segensreicher Wunsch, dem Heng Li in „Hope“ durch grüne Pünktchen in Blindenschrift mit dem Pinselerde in die Farbe gedrückt, sehr subtil und vielschichtig Ausdruck verleiht, denn er fragt, „Sind wir nicht alle blind?“ 

Mit einem Bild aus der letzten Jahn-Ausstellung setzt Carsten Fock durch ein helles abstrahiertes Landschaftspastell einen Gegenpol. So entrückt jeder Künstler, jede Künstlerin in ein ganz anderes Lebensgefühl. Der Betrachter kann durch diese wunderbare Synopsis unterschiedliche Wahrnehmungsweisen vergleichen und sie sich zu eigen machen. 

Zu sehen ist die Ausstellung „Entrückt“ noch bis 31. Juli in der Landshuter Galerie Jahn.