"Kultur macht glücklich"


Berlin – „Queerness in Photography“ im Amerikahaus der C/O Berlin Foundation

Veröffentlicht am:

von

Berlin – „Queerness in Photography“ im Amerikahaus der C/O Berlin Foundation

©anonymous, Untitled, USA, ca. 1930. Sébastien Lifshitz Collection

Die Entdeckung der Fotografie 1839 ermöglichte es den Menschen sich nach Aussehen und sozialer Stellung darzustellen. Gleichzeitig entstanden Kategorisierungen und damit auch genderspezifische Fixierungen. Mit dem Bedürfnis sich als Mann als Frau fotografieren zu lassen wurde Cross Dressing der Beginn öffentlicher Darstellung von Queerness.

Kleine Schwarz-Weiß-Formate aus dem Rahmen gerissen, ohne genaue Zuordnung, aber immer um das Thema Cross Dressing kreisend werden in der derzeitigen Ausstellung im C/O Berlin zur Dokumentation, wie sich Queerness Schritt für Schritt einen Weg in die Öffentlichkeit bahnte. 

Drei parallele Ausstellungen zeigen drei Facetten von Queerness. „Under Cover“, eine von dem französischen Filmemacher Sébastian Lifshitz zusammengetragene Sammlung von internationalen Amateurfotografien beleuchtet in einem Zeitraum von 120 Jahren die grundlegenden Phänomene von Queerness. Gerade künstlerische Ausdrucksformen wie Theater und Cabaret ermöglichten über Cross Dressing Männern sich als Frau darzustellen, selbst in den Gefängnissen der USA war das erlaubt. „Mock weddings“, nachgestellte Hochzeiten auf dem Campus dagegen wurden relativ schnell als anstößig verboten. Auf der anderen Seiten begannen schon in den 1920er Jahren, nicht zuletzt bedingt durch die Mode, Frauen sich wie Männer zu kleiden, um die typischen Frauenklischees zu durchbrechen.

"Queerness" im C/O Berlin präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Anonymous, Taken at Stag given by Fillie & Amanda, Milwaukee, Wisconsin, USA, 1912. Sébastien Lifshitz Collection

In privaten Clubs luden sich Männer gegenseitig ein, um sich als ganz normale Frauen verkleidet zu fotografieren. Das alles wirkt sehr familiär, bürgerlich, aus heutiger Sicht fast spießig parodistisch. Parallel avancierte in den Nachtclubs das Cross Dressing zur glamourösen Unterhaltung. Nichtsdestotrotz blieb Cross Dressing im Alltag verboten. Man musste mit Gefängnis oder einer Einweisung in eine psychiatrische Klinik rechnen. 

Am Beispiel von „Bambi“ wird der schwierige Weg vom Mann zur Frau berührend lebendig. Sie selbst, jetzt eine sympathische alte Dame erzählt von ihrem bewegten Leben. Aufgewachsen im französischen Algerien wollte sie schon als kleiner Bub ein Mädchen sein. Erst mit 18 Jahren konnte sie ihren eigenen Weg gehen. In Paris wurde sie als Cabaret-Star zur Kultfigur und später Lehrerin.

Einen ganz speziellen Einblick in eine kleine Community von CrossdresserInnen gibt die Ausstellung „Casa Susanna. Cindy Sherman Collection.“ Die berühmte Verwandlungskünstlerin Cindy Sherman erstand die Fotos auf einem Antiquitätenflohmarkt in New York. Die Mitglieder der „Casa Susanna“ konnten spielerisch ihre Identität erkunden. Die Fotografien spiegeln die Solidarität und Fröhlichkeit dieser Community. Inwieweit die Cross DresserInnen tatsächlich schwul waren, bleibt offen, genauso, ab wann der Mann wie eine Frau wirkt. 

Virginia Woolfs Geschichte „Orlando“, einer jungen Adeligen, die ohne zu altern durch die Epochen reist und versucht sich von den sozialen Konventionen und Restriktionen zu befreien, bildet den Rahmen für die dritte Ausstellung. Unter dem Titel „Orlando“ setzen sich zeitgenössische Künstler mit dem Thema Geschlechterfluidität auseinander. Kuratiert ist die Ausstellung von Tilda Swinton, die selbst die Hauptrolle in Sally Potters Verfilmung spielte und durch ihre androgyne Ausstrahlung in diesem Film zur Ikone der LGBTQIA+ Community wurde. 

„Queerness in Photography“ ist im Amerikahaus der C/O Berlin Foundation Hardenbergstraße 22-24  noch bis 18. Januar zu sehen.