Berlin – „Positions Berlin Art Fair“ avanciert zum Macher der „Berlin Art Week“ 

Berlin "Positions Art Fair" 2022 präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Galerist Schmalfuss gelang trotz monotonen Messestylings eine atmosphärische Werk-Präsentation©Michaela Schabel 

Nicht überraschend im Mainstream der derzeitigen Aufarbeitung und Diskussion um die Folgen der Kolonialisierung ist die Aufmerksamkeit für afrikanische Kunst. Fünf Galerien zeigen Werke von schwarzafrikanischen Künstlern. Pressemäßig im Vorfeld der „Positions Berlin Art Fair“ gehypt war man auf den Star der Hamburger Galeristin Melbye-Konan gespannt. Arbeiten des von ihr entdeckten international preisgekrönten Künstler Yéanzi aus der Elfenbeinküste mit Präsenz bei der Biennale in Venedig 2022 und einer Einzelausstellung in Hamburg, waren allerdings bei der „Positions Berlin Art Fair“ nur via Katalog zu sehen. Vom Hype um die Galerie profitieren auch andere Künstler. Die Arbeiten von Yannick Ackah waren bereits am ersten Tag ausverkauft.

Ein noch weniger bekanntes Talent ist Mbali Dhlamini vertreten durch die Frankfurter Galerie Sakhile&Me. Sein ungetiteltes kleines Bild aus Wachs und Indigo auf Papier wird zur großen Metapher schwarzer Überfremdung.

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©Michaela Schabel 

Chih-Chien Chen untersucht in seiner interdisziplinären künstlerischen Praxis, wie menschliche Existenz, Daten, Umwelt , Politik Wirtschaft und Gesellschaft funktionieren. Er vergleicht und verbindet reales und virtuelles Bewusstsein, Philosophie und Kunst. Basierend auf dem Konzept des Hybriden entwickelt er virtuelle Welten, die von der Natur und den Spektakeln unserer Welt inspiriert sind. Die ausgestellten LED-Installationen visualisieren den hektischen Markt von Bitcoin in schnell, nicht berechenbar aufblitzenden Lichtsäulen, intensiviert über einen Helm mit 3-D-Optik und Kopfhörer. Ansonsten bleibt Technologie affine Kunst weitgehend ausgespart.

Ganz im Vordergrund steht die Malerei, die, wenn auch nicht als Trend, mit traditionellen Sujets wie stilisierter Landschaftsmalerei (Susanne Wurlitzer), impressionistisch fotorealistischen Lichtszenarien (Jochen Hein) oder farbprächtig leuchtenden Stillleben (Jan de Vliegher) bewusst macht, wie Kunst die Seele bewegen kann.

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„Roses“, Jan De Vliegher©Jan de Vliegher, Foto: Michaela Schabel

Das gelingt auch abstrakt, beispielsweise (Mimi Ritzer) oder kafkaesk reduziert (Adalbert Denin).

Baltische und osteuropäische Staaten nutzen die „Positions Berlin Art Fair“, um verstärkt auf ihre Kunst aufmerksam zu machen. Mit dem Preis für die beste Galeriekonzeption puschte „Positions Berlin Art Fair“ Bulgarien, eine Präsentation mit angepinnten Bildern und jeder Menge kleinteiliger Skulpturen auf einem simplen Tisch eher an eine Flohmarktatmosphäre erinnernd, was aber eben die Authentizität des künstlerischen Schaffens und Wollens adäquat zum Ausdruck bringt. 

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©Michaela Schabel

Die Bedeutung und Förderung des Talentnachwuchs unterstreicht die Sektion Academy „Positions by Berlin Hyp“. Wieder mit dabei ist Maria Seitz, die den Berlin Hyp-Preis Award 2021 gewann.

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„Multicolor 7.01“, Maria Seitz, 2021©Maria Seitz, Foto: Michaela Schabel 

Mit „Fashion Positions“ wird seit drei Jahren die Brücke zu Mode und Design gebaut, dieses Jahr kuratiert von der Berliner Hutmacherin Fiona Bennett. Sie selbst präsentierte witzige „Talking Hats“, Eyecatcher weniger von Alltags- als bizarrer Theatertauglichkeit, aber pfiffig akustisch durch integrierte Kopfhörer über Rap oder Geschichtenerzähler emotionalisierend. 

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©Fiona Bennett

Mit 7000 Besuchern bereits am ersten Tag wird die „Positions Berlin Art Fair“ zum Zugpferd der „Berlin Art Week“ und Berlin trotz aller Unkenrufe ein immer wichtigerer Standort in der internationalen Kunstszene. Bei fünf Tagen geballter Kunsteindrücke merkt man schnell, was nachhaltig wirkt. Diverse Galeristen freuten sich über viele neue Kontakte und über gute Verkäufe, das Nach-der-Messe-Geschäft noch nicht eingerechnet.