Landshut – Gilbert & Sullivans Operette „Der Mikado“ als schwungvolle Satire im Landestheater Niederbayern

Operette "Der Mikado" im Landestheater Niederbayern präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Landestheater Niederbayern, Foto: Peter Litvai

Nicht nur die Story, auch die Namen, Verniedlichungen aus der Kindersprache, sind völlig abstrus. Nanki-Poo, Sohn des Mikado, taucht als fahrender Sänger unter, um der Vermählung mit der älteren Hofdame Katisha zu entgehen. Er verliebt sich in Yum-Yum, die aber ihrem Vormund, dem Schneider Ko-Ko versprochen ist. Der wiederum ist wegen Flirtens zum Tode verurteilt, das einzige Verbrechen, das durch Enthauptung bestraft wird. Doch der Mikado, ein Philanthrop, begnadigt ihn und macht ihn zum Oberhausscharfrichter, woraus sich irre Verwicklungen ergeben, aus denen sich  nichtsdestotrotz  ein 4-faches Happyend entwickelt. 

Das Amüsement ergibt sich aus der doppeldeutigen Rhetorik, dem schwarzen britischen Humor , der originellen Inszenierung und ansteckenden Spielfreude des gesamten Ensembles. Simon Butteriss, in Deutschland geboren, in England aufgewachsen, Opernsänger, Autor und Regisseur weiß das bizarre Stück in ironisch amüsanter Nostalgie umzusetzen. Unter der musikalischen Leitung von Basil H. E. Coleman und zusammen mit Choreografin Rae Piper gelingt es die flotten, zungenartistischen Pattern-Songs, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Wörter zu singen, nicht nur in rasanter Präzision und Artikulation, sondern auch in hippelig ironischen Bewegungsmustern, was Sängern und Chor außerordentlichen Spaß zu machen scheint. Das Ausstatter-Duo Smith & Daniels kreiert ein prachtvolles Bühnenambiente mit japanischen Tempeln und Kostümierungen, die sonnig oder in romantischer Dunkelheit, die fröhlich hitzigen Parlandi, aber auch die ergreifende Arie Katishas atmosphärisch unterstreichen. 

Peter Tilch als Ko-Ko wird zum energetischen Zentrum. In dieser Rolle kann er seinen melodischen Bariton und sein verschmitztes schauspielerisches Temperament voll entfalten. Yitian Luan zeichnet Kum-Kum als sehr selbstbewusste 18-jährige Mädchenfrau, deren Narzissmus die Allerschönste zu sein, sie subtil ironisiert und gleichzeitig durch ihr herzerfrischendes Spiel immer wieder ins Sympathische rückt.

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©Landestheater Niederbayern, Foto: Peter Litvai

Als Katisha lässt Sabine Noack mit ihrem kraftvollen Mezzosopran die Boshaftigkeit dieser Figur aufleuchten, aber auch deren Melodram des Alterns durch Unattraktivität zu vereinsamen. Mit ihrer Erkenntnis „Ich bin ein Geschmack, an den man sich erst gewöhnen muss“ trifft sie voll in die Mitte heutigen Jugendlichkeitswahns. Mit Kyung Chun Kim ist der Mikado stimmgewaltig besetzt. Stickend parodiert er sein Kaiseramt mit femininer Milde und entwickelt eine ganz neue Staatsdoktrin. „Bösartigkeit in unschuldige Belustigung umzuleiten“, was ihn nicht an grausamen Urteilen hindert, die er allerdings auch aufhebt, wenn sich die Sachlage ändert. Sein Sohn ist indes nur mit der Liebe seines Lebens beschäftigt. Dazu passt Edward Leachs jugendlich lässige Interpretation. Alle anderen Partien inklusive Chor fügen sich rasant aneinander und schaffen temperamentvolle Bühnensequenzen.

Schon während der Ouvertüre klingen die Melodien unter der Leitung von Basil H. E. Coleman witzig rhythmisiert, tänzerisch beschwingt, melancholisch durchwirkt an. Sehr präzise und subtil vom Orchester untermalt gelingen klangschöne Soli, Duette, Trios und Quartette. Mit einem wunderbar langen Pianissimo endet das skurrile Unterhaltungsspiel von einst überraschend mit einem Hauch Poesie im Sinne von „Es war einmal…“