Ab Mitternacht geht es in den Casa de Musicas heiß her. Ab 23 Uhr ist Einlass, ab 24 Uhr kann man zur live-Musik tanzen und hinterher bis 6 Uhr morgens aus der Konserve. Ob die Bands gefallen, ist Glückssache. Man kennt sie in der Regel nicht, aber es sind Entdeckungen weit über den üblichen Salsa hinaus dabei, vor allem dann wenn es jazzig wird.
Einmal im Jahr gibt es den großen kubanischen Tanzwettbewerb „Bailando en Cuba“. Die populären Moderatoren Camila Arteche y Carlos Solar (re) führten dieses Jahr, 2018, durch das Programm, das im ehemaligen Kinopalast Astral, das jetzt ein TV-Studio ist, drei Tage vor der Ausstrahlung live aufgezeichnet wurde. Sie strahlen um die Wette. Auch für sie die „Bailando en Cuba“ ein besonderes Ereignis.
©Michaela Schabel
Die besten zwölf Tanzpaare Havannas tanzen um den heiß begehrten Sieg bei „Bailando en Cuba“. Ausverkauft bis auf den letzten Platz jubeln die Fangruppen für ihre Favoriten und schwingen die mitgebrachten Transparente.
Die Show beginnt mit einer extravaganten Choreographie, in deren Kostümen sich der Gegensatz der unterschiedlichen Hautfarben und der damit verbundenen Kulturen Kubas spiegelt und gleichzeitig fusioniert.
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Zwischendurch werden Interviews, Hintergrundinformationen und unterschiedlichste Tanzstile eingeblendet.
Die Jury, hochdotierte Choreographen und Tanzlehrer, für 2018 Alfonso Santiago, Alfonso Lizt und Vlacias Lourdes, suchen in den diversen Tanzschulen die Tanzpaare aus, die sich selbst Musik und Tanzstil aussuchen.
Die Maßstäbe sind streng, das Niveau des Wettbewerbs sehr hoch. Dem Gewinnerpaar winkt eine Karriere in einer professionellen Compagnie.
Akrobatische Leistungen, auch wenn sie noch so spektakulär sind und von den Fanclubs begeistert beklatscht werden, genügen nicht. Bei jeder Bewertung wird neu verhandelt, dass das Gefühl für die Interpretation das Wichtigste ist. Es muss eine emotionale Atmosphäre über den Tanz aufgebaut und weiterentwickelt werden. Alles andere geht trotz fulminanter Show am Thema vorbei, und bekommt nur wenig Punkte. Zu einem Song über Einsamkeit passt kein artistisches Feuerwerk. Zu schnelles Tempo erstickt das Gefühl. Klang und Optik müssen fusionieren. Probleme bei Kostümwechseln? Das geht überhaupt nicht, weil es die Stimmung bricht.Ganz wichtig ist, dass beide Paare auf gleicher Augenhöhe tanzen und sich nicht ein Partner in den Vordergrund tanzt.
Das Siegerpaar 2018 erfüllte alle Anforderungen und bekam eine Traumbewertung von 10 Punkten, die nicht jedes Jahr vergeben wird.
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Hier kommt noch sehr das Erbe Alicia Alonsos, der größten Primaballerina Kubas durch. Alicia Alonso, 1931 geboren, war die letzte romantische Tänzerin Kubas. Sie gründete unter Fidel Castro das Ballet National de Cuba im Gran Teatro, das spätere ihre Tochter Laura übernahm.
Und in Havanna wird nicht nur Salsa getanzt. Im jedem Stadtteil gibt es Flamencoschulen. Die Kinder warten am Prado, Havannas größter Promenade, bis die Lehrerin sie von der Straße holt und sie über das verwinkelte eines alten Hotels in das Tanzstudio bringt. Der Unterricht ist mit 50 CUCs, ungefähr 50 € pro Monat, nicht billig. Das können sich in Kuba nur wenige leisten. Das Durchschnittseinkommen ist für die meisten nur knappe 30 €.
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Andererseits werden Tanztalente vom Staat gefördert. Neben klassischer Tanzausbildung in der Tradition von Alice Alsonsa (1920*), der legendäre Primaballerina, des Ballet National im Gran Teatro, bekommt auch der zeitgenössische Tanz immer mehr an Bedeutung. Die Fusion der Stil ist heute kein Problem mehr. Geprobt wird im Freien, hier für die Premiere von „Cartelos“.
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