Berlin – Pierre-Boulez-Saal – Beethoven und Goehr

Michaela Schabel besuchte für schabel-kultur-blog.de das Konzert von Barenboim und Soltani mit Stücken von Beethoven und Goers

Daniel Barenboim erweist sich wie immer als temperamentvoller Pianist, steht kompositionsgemäß im Mittelpunkt, harmonisch und akzentuierend umspielt von Michael Barenboim mit der Violine und Kian Soltani am Cello, der die Emotionalität er Musik auch über die eigene Körperlichkeit zum Ausdruck bringt. Daniel Barenboims klare Anschläge lassen das „Allegro“ wie Wasserkaskaden erklingen, in denen die Streicher die gefühlvollen Momente aufleuchten lassen. Im „Adagio cantabile“ entwickeln die drei Musiker ein gefühlvolles, ausgewogenes Klangvolumen, dem die ungestüme Verspieltheit im „Scherzo“ und ein fulminantes Finale folgt, wobei Kian Soltani auf seiner London-Stradivari von 1694 sich künstlerisch mit sichtbaren Genuss und Lebensfreude noch mehr entfalten darf.

Daraufhin das „Largo Siciliano“  des britischen Komponisten Alexander Goehr zu platzieren, war der Überraschungseffekt dieses hochkarätigen Musikabends. Goehr gibt in dieser Komposition als über 80-Jähriger gleichsam ein Resümee seines künstlerischen Schaffens und spannt den Bogen zwischen den traditionellen Wurzeln und moderner Klanglichkeit. Schon die Besetzung als „Trio für Horn“ ist ungewöhnlich und stellt hier ein Instrument in den Mittelpunkt, das oft auf sentimentalen Hörnerklang und heroisches Pathos festgelegt ist. Benjamin Goldscheiders Horn entführt mit dem „Largo Siciliano“ in sphärische Welten, in den drei Instrumente wie Klang-Raumschiffe schweben, kommunizieren, nicht ohne dissonante Attacken und klangliche Abgrenzungen. Benjamin Goldscheider übernimmt die klangliche Führung, Michael Barenboims Violine macht romantische Sehnsuchtsmotive hörbar, lässt aber mit bizarren Klangstrukturen auch tonale Abgründe aufleuchten, Daniel Barenboim baut  mit der Klanglichkeit des Klaviers Gegengewichte auf. So werden instrumentale Seelenverwandten, Kontrapunkte und Synergieeffekte erlebbar. In ihrer wuchtigen Sinnlichkeit und feinen Poesie wäre diese Komposition  durchaus als Science-Fiction-Soundtrack vorstellbar.

Umso vertrauter und verwurzelter klingt anschließend Beethovens berühmtes Klavier-Trio in c-moll mit seinen vielfachen, energetisch aufgeladenen mitreißenden  Motivwiederholungen. Daniel Barenboim bringt in den Oktavläufen das Klavier zum Beben, nimmt sich immer wieder zurück um den Streichern Raum zu geben, den Kian Soltani und Michael Barenboim kraftvoll nutzen.

Das Publikum im ausverkauften Pierre-Boulezsaal ist begeistert und der Maestro, umrahmt von den jungen Talenten, gewährt eine Zugabe. Mit dem 2. Satz von Mendelssohn-Bartholdys  Trio 1 d-moll rückt  Kian Soltanis Cellokunst in den Mittelpunkt. Man bekommt Lust auf mehr.

Michaela Schabel