©Europa Verlag, 2024

Schon der Titel „Generation Krokodilstränen“ verdeutlicht Pauline Voss’ Unbehagen gegenüber ihrer eigenen Generation und deren Aktivismus. Alles muss verändert werden, selbst die biologisch genetischen Erkenntnisse haben keinen Bestand mehr. In hybrider Kühnheit und exzessivem Aktionismus- und Veränderungswahn opfert die woke Gesellschaft Tradition, Rituale und Kultur, ohne zu hinterfragen, ob diese Neuerungen für die Gesellschaft relevant sind und wer letztendlich davon profitiert. 

Identitäre Minigruppen suggerieren eine Mehrheitsmeinung, die gar nicht existiert, aber der daraus resultierende Diskrimininierungswahn bestimmt, nicht zuletzt durch die sozialen Netzwerke zum Mainstream aufgebauscht, immer mehr die öffentliche Meinung und auch die Gesetzgebung, wodurch unser Privatleben vom Gendern über die Erziehung der Kinder bis zum Sexualverhalten immer stärker reglementiert wird. Diskriminierungshypothesen befeuern die Kultur des Klagens und masochistischen Bekennens und Rechtfertigens, die staatliche Übergriffigkeit ins Privatleben und einer „Medizinierung“ der Gesellschaft. Die angebliche Entgrenzung des Einzelnen führt aber zu einer starken gesellschaftlichen Begrenzung. Was wie eine Selbstermächtigung aussieht, ist darum im Grunde Ergebnis einer politischen Instrumentalisierung. Wer seine Meinung sagen will, wird schnell mit sozialem Ausschluss und beruflichen Repressalien konfrontiert. „Wir verlieren das Spielen“, konstatiert Pauline Voss im letzten Kapitel und damit die Fähigkeit aus der Rollendistanz kreativ zu sein. 

Pauline Voss (*1993) begann ihre Laufbahn als Autorin in einer Videoagentur in Frankfurt am Main und wechselte dann zur „Neuen Züricher Zeitung“, wo sie nach einem Volontariat als Redakteurin im Auslandsressort arbeitete. Seit Oktober 2023 ist sie als freie Journalistin tätig. 

Pauline Voss „Generation Krokodilstränen. Über die Machttechniken der Wokeness“, Europa Verlag, 200 S.