Jonathan Demmes Konzertfilm „Talking Heads. Stop Making Sense“ – ein Kult-Revival 

Filmkritik "Talking Heads. Stop making senes" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

 ©Carlotta Films, 2024

An nur drei Abenden wurde der Film auf der Tournee „Speaking in Tongues“ vor über 2700 Menschen im Pantages Theatre in Hollywood gedreht. Die Tournee brachte den Durchbruch für Talking Heads. Jetzt im Kino sind die Fans überschaubar, der Applaus hält sich in Grenzen. Das Publikum ist durch größere Formate verwöhnt. Heute wirkt die Musik von Talking Heads in seinem monotonen, hektisch nervösen, nicht abreißend zu scheinenden Sound wie ein Vorläufer der Technomusik. Eine digital restaurierte Fassung mit Dolby-Atmos-Tontechnik in Kooperation mit der Produktionsfirma A24 lässt das Kultkonzert von einst noch einmal erleben. 

Jonathan Demme folgt genau der Choreografie des Konzerts. Nach David Byrnes Solobeginn kommt mit jedem neuen Song ein Musiker dazu, zunächst Bassistin Tina Weymouth, wodurch David Byrnes energetische Potential noch deutlicher wird. Bühnenpodeste werden hereinschoben zuerst für Schlagwerker Chris Frantz, dann für Bernie Worrell am Keyboard. Als alle neun KünstlerInnen auf der Bühne sind, geht mit „Burning down the House“ die Post ab. Die Texte der 18 Songs kreisen um banale alltägliche Themen, musikalisch klingen traditionelle Musikstile aus Pop, Blues und Country an, aber Stimmen und Rhythmik der Talking Heads sind unverkennbar.

Im Fokus der Kamera steht in erster Linie David Byrnes elektrifizierende Persönlichkeit und seine faszinierende Stimme zwischen Kopfstimme und satter Tiefe, seine expressive psychodelische Mimik und sein unglaubliches tänzerisches Vibrieren.  Song für Song baut sich eine groovende Atmosphäre ins Psychodelische  auf und kehrt dann rasant zurück in die Wohnzimmeratmosphäre vor Manhattans Silhouette.

Schon zu Beginn zeigt sich David Byrne mit „Psycho Killer“ als Musiker, Songschreiber, Performer als exzentrisch vibrierendes Energiebündel. Mit faszinierendem Gespür für Bühnendramatik treibt er die Rastlosigkeit der Rhythmen ins Ekstatische, intensiviert durch Licht- und Schatteneffekte. Die Stimmung explodiert regelrecht bei einem mehrmaligen Lauf rund um die Bühne und dann noch einmal bei seinem legendären Tanz mit der Stehlampe. In einem „big suit“ verwandelt er sich parodistisch in ein überraschend breites Format. Allein diese überbordende rhythmisierte Bewegungsdynamik im 16tel-Tempo macht ein Revival von Talking Heads unmöglich. Die Fans müssen sich mit dem Film begnügen. Das Angebot von Tourveranstalter Live Nation für 80 Millionen US-Dollar eine Reunion-Tournee mit sechs bis acht Festivalauftritten zu machen, lehnte Talking Heads klugerweise ab.

Künstlerisches Team: Jonathan Demme (Regie, Kamera)

Mit: David Byrnes, Tina Weymouth, Chris Frantz, Jerry Harrison, Bernie Worrell, Alex Weir, Steve Scales, Lynn Mabry und Ednah Holt