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Tina Satters Debütfilm „Reality“ über die US-Whistleblowerin Reality Winner

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Tina Satters Debütfilm „Reality“ über die US-Whistleblowerin Reality Winner

©Plaion Pictures

Reality Winner ist keine fiktive Person. Die Linguistin, ehemalige Soldatin, Hobby-Gewichtheberin und Yogalehrerin ging 2017 kurz nach den Trump-Wahlen als erste weibliche Whistleblowerin in die Politikgeschichte der USA ein, der man vorwarf im US-Wahlkampf 2016 Russland wichtige Informationen zugespielt zu haben, weshalb sie zu fünf Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurde. In Wirklichkeit hatte die Trump-Gegnerin auf die russische Manipulation der US-Wahlen hingewiesen. 

Aus dem Tonaufzeichnungen konzipierte US-Regisseurin Tina Satter 2021 das Off-Broadway-Stück „Is This A Room“ 2023 präsentierte sie analog dazu den Film „Reality“ auf der Berlinale, der im Februar in die Kinos kommt. Es ist ein Psychogramm auf dokumentarischer Basis. Wort für Wort wird das Verhör der beiden FBI-Agenten in ihrem kleinen gemieteten Haus in Georgia nachgezeichnet. Sie darf zunächst nicht mehr ins Haus, nur ihren Hund holen. Die Katze bleibt im Haus. Während die Agenten über Small-Talk professionell ein Warming-Up machen, beginnen Kollegen das Haus nach Beweismaterialien zu durchsuchen. 

Sehr ruhig, fast naiv spielt Sydney Sweeney diese Reality Winner. In Shorts und lässiger weißer Bluse wirkt sie wie das sympathische Mädchen von nebenan. Hellhörig wird man erst, als sie bereitwillig zugibt drei Waffen zu besitzen, was man ihr nicht zugetraut hätte. Aber sie bleibt ganz ruhig, zeigt sich kooperativ, auch beim Verhör, das nicht, wie sie vorschlägt draußen, sondern in einem leerstehenden Raum stattfindet, der sich für sie unangenehm, fast bedrohlich anfühlt und damit schon den Stimmungswechsel markiert. Soll diese Frau eine Spionin sein, die Geheimpapiere entwendet und veröffentlicht hat? Reality Winner verneint selbstbewusst. Aber das FBI-Team treibt sie zunehmend durch die übliche psychologische Gesprächstechnik in die Enge. Garrick, alias Josh Hamilton in Optik und Habitus wie loyaler Onkel, gibt ihr immer wieder zu verstehen, dass er ohnehin schon alles über sie wisse, aber ihn interessiere es, warum sie das gemacht habe. Taylor, der jüngere FBI-Agent (Marchant Davis) baut sie immer wieder auf, fragt nach ihrem Zustand, ob sie irgendwelche Wünsche habe. Das wirkt ganz smart, höflich, verständnisvoll von beiden Seiten und vollzieht sich so langsam wie in Echtzeit. Schritt für Schritt verliert Reality Winner den Boden unter den Füßen, überaus empathisch dargestellt und subtil von der Kamera eingefangen. In den Großaufnahmen kann man die beginnende Panik in ihrem Gesichtsausdruck ablesen. Das Umfeld verschwimmt gefilmt aus der Perspektive feuchter Pupillen. Gerade weil sie die Regisseurin entgegen den realistischen Fakten als Unschuldige präsentiert, ist sie ein leichtes Opfer für FBI und Justiz. Hat nicht Reality Winner eidesstattlich geschworen, dem amerikanischen Volk zu dienen? 

Tina Satters „Reality“ weicht ab von der juristischen Realität, ist eine Infragestellung von publizierten Wahrheiten und zeigt einmal mehr den manipulativen Charakter politischer und medialer Prozesse, die final noch über Schlagzeilen und hitzige Kommentare eingeblendet werden. Die Terminierung des Films im US-Wahljahr kommt nicht von ungefähr.

Künstlerisches Team, Tina Satter (Drehbuch, Regie), James Paul Dallas (Drehbuch)

Mit: Syndey Sweeney (Reality Winner), Josh Hamilton (Garrick), Marchant Davis (Taylor), Nathan Micay (Komposition)

 

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