München – „Kränkungen der Menschheit“ beim  virtuellen „Theatertreffen Berlin 2020“ 

Theaterkritik "Kränkungen der Menschheit" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Gabriela Need

Affen und Kunst werden deshalb zum roten Faden dieser vielschichtig ironischen Inszenierung. Bühnentechnisch braucht es nur einen Glaspavillon, der als Labor, zoologischer Garten oder Museum eine schlüssige Verortung des Geschehens ermöglicht. Die Affen verlieren ihre Freiheit, scheinen in ein experimentelles Labor zu kommen. Der Versuch ist aber nicht naturwissenschaftlicher Art. Sie posieren für ein Gemälde. Es ist das berühmteste Bild des Münchner Malers Gabriel Cornelius von Max ,„Affen als Kunstrichter“ (1889),  wie sich später herausstellt, als eine Kunstführerin vor inzwischen wieder leerem Pavillon Museumsbesuchern en Detail das Bild erklärt. Mit lächerlich gebogenem Meterstab, mehr Peitsche  als Zeigestab, signalisiert sie herabwürdigende Distanz.

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Inhaltsleer ist ihr Text mit Augenmerk auf den Rahmen als ironische Anspielung auf den Kunstmarkt. Im Pavillon direkt vor dem Bild beginnen die Betrachter konträr zu denken, was akustisch und lichttechnisch direkt in einen atmosphärisch apokalyptischen Knockout führt, der einen befreienden Szenenwechsel auslöst. Die Affen springen wieder munter durch die Gegend. Weibliche Besuchergruppen fremder Ethnien lustwandeln in langen bunten Kleidern und lachen.

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In surreal feierlicher Stimmung schreiten sie im Zeitlupentempo. Sie tragen das Affenbild mit Würde auf der Suche nach neuen Perspektiven. 

Das aber wird in der Videoaufzeichnung nicht wirklich deutlich. Im Gegensatz zur virtuellen Aufnahme von Shakespeares „Hamlet“ stört hier die Einengung durch den Blick der Kamera enorm. Ständig werden Bewegungen zerhackt. Die Kamera legt die Blickachsen fest, statt dies dem Publikum zu überlassen, wodurch gerade im Schlussteil die Verschiebung der Zentralperspektive nicht wirklich erlebbar wird, sondern nur als Akt kameratechnischer Varianten. „Kränkungen der Menschheit“ zeigt sehr deutlich die Grenzen virtueller  Präsentation von Theater.

Bühne: Carlo Siegfried, Licht: Joscha Eckert, Musik: Luca Mortellaro, Kostüme: Pola Kardum: Dramaturgie: Valerie Göhring.  Recherche: Marja Christians, Chiara Galesi, Produktion: Olaf Nachtwey, Johanna Thomas, Choreographie, Text, Performance: Ariane Andereggen, Jean Chaize, Noah Donker, Sir Henry, Kinan Hmeidan, Mario Lopes, Samuel Lopes, Lara-Sophie Milagro, Benjamin Radjaipour, Vincent Redetzki,  Joana Tischkau, Else Tunemyr, Hayato Yamaguchi, und weitere Mitwirkende aus München, Gong: Leon Frei Kinder: Lendita Daffeh, Siri Fatou Seidl