München – „Einer gegen alle“ frei nach dem gleichnamigen Roman von Oskar Maria Graf als Uraufführung im Residenztheater

"Einer gegen alle" im Münchner Residenztheater präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Birgit Hupfeld

Vorlage ist Oskar Maria Grafs  Antikriegsroman „Einer gegen alle“ (1932). Girgl, eigentlich Georg Löffler, aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrter Bauernsohn aus dem Inntal, findet sich im Frieden nicht zurecht. Reduziert als Mensch auf das Töten führt er als Krimineller und Mörder, Juwelendieb und Bankräuber den erbitterten Nahkampf in den Wirren der Weimarer Zeit weiter. In Rückblenden und Alptraumerinnerungen wird Girgls Vorgeschichte erzählt.

Regisseur Alexander Eisenach nähert sich der Thematik aus heutiger Zeit, verfremdet sie entlang einzelnen Lebensstationen aus dem Roman zu einer irrlichternden Groteske. Girgl ist kein Einzelfall, er steht für viele Soldaten, die gebrochen aus dem Krieg zurückkehrten. Deshalb verdreifacht ihn Eisenach, als parodistische Anspielung auf die drei Musketiere denkbar. Es ist noch nicht Fünf vor Zwölf, aber in Zeiten vermeintlichen Friedens lauert unter dem blauen Hemd der Treue schon wieder der Tod.

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©Birgit Hupfeld

Obwohl sich jedes Detail entschlüsselt, das Ensemble großartig spielt, überzeugt das Regiekonzept nicht. Die exaltierte Inszenierung mit clownesken Anspielungen auf Corona-Gegenwart beeindruckt weniger, als dass sie einfach nur nervt. Szenen wie der gespenstische Totentanz, das Girgl-Trio mit zähnebleckenden Mundmasken auf dem Niveau einer Puppet-Show, der Knödel futternde und mit Bier sich besudelnde Bauer in seiner ländlichen Idylle machen aus dem Antikriegsroman ein Komikspektakel. Die plakative Optik marginalisiert die düsteren Monologe, die, sehr oft von Musik überwabert, kaum zur Wirkung kommen. Nur eine Sequenz geht nachhaltig unter die Haut, als eine zerquetschte Melone die Position des Volkes im  hierarchischen Staat spiegelt. Schade, denn Grafs pessimistische Gedanken von der Abhängigkeit des Einzelnen vom Ganzen, vom Zerriebenwerden von den Mächtigen gewinnen gerade in unserer Zeit verstärkt an Bedeutung. 

Es spielen Elias Eilinghoff, Christian Erdt, Vincent Glander, Lukas Rüppel, Myriam Schröder, Simon Zagermann. 

Regieteam: Alexander Eisenach (Regie), Daniel Wollenzin Bühne, Claudia Irro (Kostüme), Sven Michelson (Musik), Oliver Rossol (Live-Kamera, Video), Georgij Belaga (Licht), Katrin Michaels (Dramaturgie)