Landshut – Tom Waits Theatermusical „Black Rider“ im Landestheater Niederbayern

Musicalkritik "Black Rider" im Landestheater Niederbayern präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Landestheater Niederbayern, Peter Litvai

Statt expressiven Bühnen- und Kostümminimalismus wählt Johannes Reitmeier Opulenz in allen Bereichen. Die Bühne wird zum Theaterfundus. Dort versehentlich eingeschlossen beginnt ein junger Mann zu träumen. Unter den Kostümen werden Figuren lebendig. Es entwickeln sich genreübergreifend groteske Szenen in allen möglichen Stilrichtungen. Es wird gespielt und gesungen, in Englisch, Deutsch und diversen Dialektfärbungen, flotten Dialogen, schauspielerisch und musikalisch rhythmisiert, schräg und schrill karikiert. Licht- und Projektionseffekte intensivieren diesen halluzinativen Ansatz, was bestens zum „Black Rider“ passt. 

Nach der Volkssage des Freischützes in Anlehnung an Carl Maria von Webers Oper schrieb William S. Burrough den Text für die Musik von Tom Waits in markigen Sprüchen und abstrusen Dialogen kombiniert mit seinen persönlichen Drogenerfahrungen. Ein Happyend gibt es in diesem Theatermusical im Gegensatz zur Oper nicht. 

Die Story ist simpel. Wilhelm kann allerhand, nur das Schießen nicht. Das ist aber Voraussetzung, dass er Käthchen, seine Liebste, bekommt. Schließlich muss er seine künftige Familie ernähren können. So lässt sich Wilhelm mit dem Teufel ein. Er bekommt sieben Freischüsse, die sicher treffen, doch bei der letzten Kugel bestimmt der Teufel das Ziel. Es ist Käthchen.

Der knallbunte Szenenmix aus Commedia dell´Arte, Shakespearescher Direktheit und Slapstick, lautmalerischen Akzenten und dissonanter, oft blechtönender Zirkusmusik aus dem Orchestergraben wirkt allerdings sehr zusammenhanglos, mehr schrill als lustig und kultig. Erst nach der Pause steigert sich die Dynamik der Inszenierung durch mehr Handlungsstringenz und swingende Songs.

Unter der Regie von Johannes Reitmeier dominiert rustikaler, banaler Witz. „Puff, puff“ macht das Schießgewehr und der Geräuschemacher lässt die erschossene Gans dazu quietschen. Die SchauspielerInnen geben ihr Bestes. Man spürt regelrecht die Spielfreude, mit der sie jeder Figur eine burlesk parodistische Aura geben.

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©Landestheater Niederbayern, Peter Litvai

Der ensembleinterne Clou ist Ursula Erb ganz in Rot als Stelzfuß. Wie schon als Mephisto im „Faust“ hat sie das Weltengetriebe lässig im Griff.

Das ist durchaus eine überlegt konzipierte Inszenierung, die bei einem Teil des Publikums gut ankommt, aber auch den Unterschied zu Robert Wilsons kultiger „Black Rider – The Casting of the Magic Bullets“-Inszenierung sehr deutlich macht.

Künstlerische Leitung: Johannes Reitmeier (Regie, Bühne), Bernd Meyer (Musikalische Leitung, Band), Michael D. Zimmermann (Bühne), Antje Adamson (Kostüme), Dana Dessau (Dramaturgie)

Besetzung: Ursula Erb (Stelzfuß), Katharina Elisabeth Kram (Käthchen), Ella Schulz, Katrin Wunderlich (Anne), Reinhard Peer (Bertram), Julian Ricker (Wilhelm), Stefan Sieh (Robert, Wilderer), Jochen Decker (Onkel, Herzog, Georg Schmid), Stefan Merten (Bote, Brautjungfer, Kuno, junger Kuno), Mathias Schabow (Jagdgehilfe)