Landshut – Stefan Tilchs Komödie „Sahneschnitte“ für Fans bayerischen Humors

Theaterkritik "Sahneschnitte" mit Dieter Fischer im Landestheater Niederbayern präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

„Ja, der Dieter Fischer, Urkerl bayerischer Humorigkeit, ist halt beliebt.“ Die Rechnung mit ihm eine Uraufführung zu planen, geht voll auf. Das Theaterzelt ist fast ausverkauft und die Zuschauer lachen willig über jede noch so kleine Pointe, umso mehr als Dieter Fischer als Altkomödiant Mike schauspielerisch rasant zulegt und Joachim Vollrath als sein ehemaliger Kabarettisten-Kompagnon ihn immer wieder durch seine Social Correctness  provoziert. 

Die Idee zum Stück „Sahneschnitte“ entstand vor zwei Jahren  in einem Münchner Biergarten in einem Gespräch über die Lage der Welt. Das Komiker-Duo „Die Hinterbänkelsänger“ versucht ein Comeback. Mike, alias Dieter Fischer beharrt auf seinen alten Pointen. Doch was vor 20 Jahren humoristisch knallte, funktioniert heute nicht mehr, zu rassistisch, zu frauenfeindlich. „Das geht so heute nicht mehr“, kontert Joachim Vollrath als Joe, „wieder Erfolg haben, heißt sich an neue Zeiten anzupassen.“ Jeder Probe in Mikes kleiner spießigen Wohnküche mit dem Konterei von Che Guevara und Ausblick auf den Betonklotz vis-à-vis endet in einer temperamentvollen Kontroverse der beiden „alten weißen Säcke“. Mikes Ommmm-Ritual hinter der Zimmerpflanze wird zum parodistischen, sich ganz bewusst abnützenden Leitmotiv und sein Mantra „Ich bin glücklich, weil ich vollkommen bin. Ich brauche niemanden, denn ich habe mich immer selber dabei“ zur Posse eines Egomanen in seinem singulären Universum, der sich als „Sahneschnitte“ fühlt umgeben von Knäckebrot.

Doch Joe, der als Kommissar im Fernsehen Karriere gemacht hat, das Mike als „öffentlich-rechtliche Schnarchanstalt“ degradiert, lässt nicht locker. Sie sind zwei zwar unterschiedliche Typen und können genau deshalb alte und neue Sketsche wieder zusammenbringen. Es entfaltet sich ein thematisches Cross-Over von grünen Nasen als Regenmacher, über LGBTQ-Toleranz und sexueller Aneignung bis zum Feminismus, ein schauspielerisches Potpourri vom bayerischen Komödienstadel, Handpuppenspiel bis zum grotesken Transvestitensketch, weil Frauen im Gegensatz zu Männern ohne Ende provozieren dürfen. 

Dieter Fischer brilliert eloquent in Bayerisch und in einem Dutzend weiterer Dialektfacetten, zuweilen allerdings in den hinteren Reihen schlecht zu hören. Trotz seiner Körperfülle bewegt er sich mit witziger Grandezza  und sexy Hüftschwüngen, lächelt verschmitzt und selbstironisch, ein durch und durch sympathisches Unikum, so wie man ihn aus den TV-Serien „Komödienstadel“, „Der Kaiser von Schexing“ und „Die Rosenheim Cops“ kennt. Das kommt beim Publikum bestens an. 

Joachim Vollrath übernimmt nach der Pause die Führung, ganz trendy per Handy mit eingespielten Applausszenen nach jeder Pointe, was Mike „so witzig“ findet, „wie wenn das Klopapier ausgeht“ und mit exaltierten Nießattacken „Ha-i-tizi“ konterkariert, was für Lacher im Live-Publikum sorgt. 

Zwischen den Proben tauchen peu à peu verdrängte Erinnerungen auf, Rivalitäten und Eifersüchteleien um Mikes Ex-Freundin Caro, die dann Joes Freundin wurde und inzwischen verstorben ist, aber in ihrem Nachlass bereits das erfolgreiche Come-Back der „Hinterbänkelsänger“ anmoderiert, womit „Sahneschnitte“ final zur großherzigen Versöhnungsparabel avanciert. Das bayerische Unterhaltungsstück mit Zugpferd Dieter Fischer wird seine Fans finden. Für Intendant Stefan Tilch waren es „die schönsten Probenwochen“ in seinem Leben, wie er auf der Premierenfeier bekannte.