Landshut – Nick Paynes Variationsspiel „Konstellationen“ in den Kammerspielen gekonnt in Szene gesetzt   

Nick Paynes „Konstellationen“ präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Landshuter Kammerspieler, Florian Heine

Das hat Labor-Charakter, könnte durch die sich wiederholenden Begrüßungsrituale schnell nerven. Doch das Gegenteil ist der Fall. Mit jeder Version wird das Geschehen interessanter. Das wiederum liegt an der authentischen Interpretation von Louisa Stroux und Andreas Sigrist unter der Regie von Matthias Eberth. 

Er legt das Stück reduziert an. Die Bühne, ebenfalls von ihm entwickelt, wird in Schwarz-Weiß-Optik mit verschieden hohen Zylindern und Quadern zur Metapher gegensätzlicher Lebensweisen, die aufeinander gestapelt gesellschaftliche Barrieren verdeutlichen oder als Podeste benutzt gesellschaftliche Rangdominanzen symbolisieren. 

Nick Paynes „Konstellationen“ präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Landshuter Kammerspieler, Florian Heine

Louisa Stroux bleibt das aktive Element, scheint auf der Suche nach einem Partner zu sein. Wesentlich seltener ist der umgekehrte Fall. Beide zaudern, schieben Argumente vor, weshalb diese Beziehung nicht möglich ist, um in der nächsten Sequenz ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. In kurzer Taktung leuchten aus der Dunkelheit die Paralleluniversen auf, die sich bei jeder gefällten Entscheidung weiter verzweigen, als würde es unendlich viele Varianten geben, die letztendlich nur um ein und dieselbe Komponente kreisen, die Beziehung zu bejahen oder zu beenden.

Weniger der Text als das schauspielerische Können fasziniert, das das Beziehungskarussell von oberflächlicher Partybegegnung bis hin zur innigen Beziehung bis in den Tod zwischen Slapstick und Verzweiflung, Aggression und Poesie Revue passieren lässt. Aus Gehirnkonstrukten werden sinnlich erlebbare Lebensvarianten. 

Louisa Stroux gelingt es ein breites Spektrum weiblicher Reaktionen vorzuführen. Sie intoniert subtil in ihrer ganz spezifischen Weise, überrascht mit ihrem variantenreichen Lachen und lässt hinter der kühlen Wissenschaftlerin immer mehr eine warmherzige Frau aufleuchten. Als nüchterne Quantenphysikerin glaubt sie den Durchblick zu haben. Doch das Leben spielt auf der Klaviatur der Emotionen. Überlastet vom Job, genervt vom Zeitdruck neigt ihre Marianne zu aggressiven Überreaktionen, wird dann wieder sehr zutraulich, liebenswürdig, mutig, den ersten Schritt zu wagen. Meist hat sie die Zügel in der Hand, gibt die Impulse und doch lässt sie immer wieder durchblicken, wie überschattet ihre Leben vom Tod der Mutter ist, die nicht Angst hatte zu sterben, sondern am Leben erhalten zu werden. Dieses Motiv zieht sich wie ein roter Faden durch die Beziehungsvarianten. 

Bei Andreas Sigrist fasziniert der Blick in die Ferne, die Verschattung der Augen, das Aufblitzen der Freude. Er zeichnet den Imker als schlichten Kerl mit dem Herz auf dem richtigen Fleck, der sich hinterfragt, wissen will, was er falsch gemacht hat, auch einmal die Nase voll hat von der intellektuellen Tussi und doch wieder ihrem Charme erliegt und sich als Mensch erweist, auf den man in der schwierigsten Lebenssituation zählen kann. 

Unter der Regie von Matthias Eberth gelingen fröhliche und berührende Szenen, Spiegelungen von Erfahrungen, die jeder Zuschauer partiell schon erlebt hat. Seine „Konstellationen“ enden mit Schostakowitschs berühmtem Walzer Nr.2 in menschlicher Wärme, mehr gehoppelt als genussvoll ausgetanzt und damit authentisch zum dramatischen Finale kurz vor dem Exitus in einen ganz anderen Kosmos.