Landshut – „Kasimir und Karoline oder es geht besser, besser, immer besser…“ sehr frei nach Ödön von Horváth in den Kammerspielen Landshut

"Kasimir und Karoline oder es geht besser, besser, immer besser" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Kammerspiele Landshut

Die Inszenierung besticht durch die Fokussierung auf die beiden Protagonisten, die effektvoll minimalistische Ausstattung und Lichtregie, vor allem durch die schauspielerische Energie. 

Vier schwarze Würfel genügen Positionswechsel und soziales Gefälle zu signalisieren. In Karolines Kostümen spiegeln sich ihre Sehnsüchte, die durch eine Stimme aus dem Off wie in einer Werbung balsamisch manipuliert werden. Amelie Willberg spielt Karoline mit entwaffnender Authentizität. Im rotkarierten Bikini wirkt sie noch naiv wie ein zarter Teenager. Doch sie hat schon diesen energischen Blick sich gegen Kasimirs Einstellung durchzusetzen. „Jeder intelligente Mensch muss heute Pessimist sein.“ 

Die gierig in sich hinein gefutterten Zuckermasse-Snacks speit sie in weitem Bogen über die Bühne. Sie will ein besseres Leben immer die kleine Einkaufstüte über der Bühne schwebend im Blick. Im Glitzerjackett gelingt ihr eine mitreißende Tanzeinlage und verführerisch singen kann sie auch, wie sich später herausstellt, alles in allem eine talentierte junge Frau, die anscheinend ihren Weg macht, „immer besser“.

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©Kammerspiele Landshut

Sie entschwindet, während Joshua Hupfauer als Kasimir vor dem Publikum mit einer Karriere protzt, die nicht stattgefunden hat. Voll realistisch ist dagegen die Rückschau auf seine Herkunft im Arbeitermilieu mit einem alkoholisierten, stets brüllenden Vater, dessen Spiegelbild er selbst ist. Karoline zurückzuerobern ist Utopie. Schlimmer noch, im Hosenanzug mit gegelten Haaren ist ebenso eine Mogelpackung, vollgestopft mit den Tipps von Lebensberatern. Der Inhalt der verheißungsvollen Sehnsuchtstüte entpuppt sich nur als billig glitzernder Flitter. Auch Karoline blieb draußen vor der Tür.

Das alles verpackt Carlotta Salamon in ein Stück mit harten Schnitten und immersiven Spielszenen, in denen die beiden Schauspieler überlegen in zackig oberflächlicher Moderations-Manier über Plato und Foucault mit dem Publikum Kontakt aufzunehmen versuchen, auf die „Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome von 1972 und heutige Klimaproblematik, nicht zuletzt auf unser aller Tod anspielen und so Horvaths Pessimismus weiterspinnen. Allerdings kennt man dieses hohle oberflächliche Geplapper und überzogene Animieren ohnehin schon bis zum Anschlag. Wesentlich raffinierter gelingt die Transformation von Marketingmanipulation aus dem Off in Manier eines Teufelspakts, konsequenterweise ebenfalls ohne Erfolg. Karoline verwehrt den anvisierten Versöhnungskuss.

Mit dieser Inszenierung bringt Carlotta Salamon im Kleinen Theater in Landshut einen neuen Regiestil und einen interessanten Umgang mit literarischen Texten auf die Bühne, der ganz bewusst Diskussionen provozieren soll.