©Brüggemann Holtgreve Kruse
Trotz der noch starken Textgebundenheit, etlicher Stolperer beim Lesen und der teilweise ungünstiger Kameraführung spürt man schon die Kraft dieser antiken Tragödie.
Es wird ein moderner „Ödipus, Herrscher“ nach einer Textfassung von Elsie de Brauw in Kooperation mit Mieke Koenen und Susanne Winnacker, durchsetzt mit modernen Redewendungen, in fließender Modulation, oder in ironisch litaneimäßiger Auflistung des Stammbaumes, verfremdet durch sprachliche Akzentfärbungen je nach Herkunft der Schauspieler und distanzierende Körpersprache.
Ödipus im Anzugsjackett auf bloßer Haut, zurückgegeltem Haar und Hornbrille wirkt wie ein Manager, mit dem Unterschied, dass er selbst die Wahrheitssuche seiner Identität gnadenlos betreibt und für seine Fehler mit Selbstverstümmelung einsteht.
Die experimentelle Musik macht die Qual des Erkenntnisprozesses hörbar, Papier raschelt, Trommeln jagen den Herzschlag hoch, sphärisch verdichtet bauen sich düstere Schicksalsahnungen auf. Noch fehlt die musikalische Feinabstimmung, stört das Zoom der Kamera auf einzelne Klangspiele die meditative Wirkung nach Phasen entscheidender Erkenntnisprozesse. Doch der Blick in den Beginn eines Inszenierungsprozesses macht neugierig auf das Gesamtergebnis. Allerdings wird man die anvisierte Premiere am 5. Februar bei weiterem Lockdown verschieben müssen.
Hinter der Bühne: Textfassung: Elsie de Brauw, Mieke Koenen, Susanne Winnacker, Regie: Johann Simons
Auf der Bühne: Elsie de Brauw, Steven Scharf, Stefan Hunstein, Pierre Bokma, Sarah Moeschler, Marius Huth, Risto Kübar