©JU Bochum
Ein weißes Quadrat steht für Palast, Schlachtfeld und Friedhof. Darüber verweist der Vollmond als weiße Kugel auf die existentielle Einsamkeit im Kosmos, vis-a-vis befestigt mit einer gigantischen Kupferplatte, in der sich Spiegelungen der Figuren auflösen, als wären sie schon nicht mehr von dieser Welt.
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Die Schauspieler verfolgen das Spiel aus der ersten Reihe des Foyers, treten auf und ab als Shakespeare-Figuren und spielen Menschen von heute im Kampf mit sich selbst in schlichter, choreografisch anmutender Positionierung.
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Ohne jeglichen Schnick-Schnack offerieren sie allein durch Sprache und Mimik mit minimalen Bewegungen die Tragik der existentiellen Kämpfe zwischen „Sein und Nichtsein“, die die Nebenfiguren als „Abgesandte, Totengräber und Clowns“ in ausgestellt starr symbolischer Haltung oder durch kleine witzige Verfremdungseffekte ironisieren.
Nicht so sehr der Geist des Vaters, Hamlets innere Stimme, sein Gerechtigkeitsbewusstsein sagt ihm den Vatermord zu rächen und seine Liebste, Ophelia, erlebt diesen inneren Kampf in ihrer Sensibilität mit. Mit Sandra Hüller (Hamlet) und Gina Haller (Ophelia) gewinnt die Inszenierung eine faszinierende Expression. Leise, mit tiefer Emotionalität und Kraft, zarter poetischer Euphorie, durchbrochen von eruptiver Wut oder beginnendem Wahnsinns verwandeln beide ihre Figuren in Menschen von existentieller Selbstentfremdung mit selbstzerstörerischer Verinnerlichung und Amokhandlungen. Ophelias Vater (Bernd Rademacher) wird von Hamlet versehentlich getötet. Ophelia ertränkt sich.
Wenn der eine Clown als Totengräber (Jing Xiang) die Metallkugeln rollen lässt wie bei einem Boule-Spiel, und der andere Clown (Ann Gäbel) existentialistisch nur noch „Er ist allein“ wiederholt, ist das Ende des übrig gebliebenen Protagonisten-Quartetts nicht mehr weit.
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Hamlets Mutter, mit Mercy Dorcas Otieno konträr zur Rolle Symbol warmherzigen Matriarchats, der König (Stefan Hundstein) von Selbstzweifeln zerrieben, trotzdem Intrigant bis zum Schluss, selbst der aufrechte und verzeihende Bruder Ophelias (Dominik Dos-Reis) und der im Grunde schuldlose Hamlet, sie alle sterben am Gift der Lüge.
Ein starker Theaterabend ist das selbst oder gerade durch die digitale Großaufnahme, woraus sich durchaus eine Grundsatzdebatte über Chancen und Gefahren von Theater im Netz ergibt. „Stoppt das Streaming!?“