Berlin – Brechts „Mann ist Mann“ als groteskes episches Theater im Berliner Ensemble

Theaterkritik von Brechts "Mann ist Mann" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Berliner Ensemble, Foto: Moritz Haase

Das spröde Lehrstück „Mann ist Mann“, von Brecht so oft verändert wie kein anderes und nicht umsonst so selten im Repertoire der Bühnen, versucht Regisseur Max Lindemann durch eine schrille Umsetzung und präzise Stimmungswechsel aufzupeppen. Den kolonialen Hintergrund lässt er weg. „Mann ist Mann“ spielt überall. 

Die SchauspielerInnen hüpfen und rennen um den Kantinenwagen, werfen sich athletisch auf den Boden, mimen Kampf und Geknalle. Je aufgedrehter und lauter, desto besser. In Faltenröcken verwischen sich individuelle Unterschiede. Das Kollektiv macht alle gleich. Nur Charles Fairchild als Sergeant und Nele Rößler dürfen schauspielerisch auftrumpfen. Im weißen Uniformmantel von oben bis unten mit Orden dekoriert, später im schwarzen Ziviltrikot für ein erotisches Tête-à-Tête verwandelt Charles Fairchild den Boss der kleinen Soldatengruppe zur großartigen Führerparodie mit irrem Gelächter und unterdrückten sexuellen Bedürfnissen. Nele Rößler präsentiert Witwe Begbick als sinnliche Kantinenbesitzerin. Egal ob sie die Hüften schwingt, mit den Augen klimpert oder singt, sie gibt dem blutleeren Lehrstück eine amüsant sinnliche, sehr charmante Note. Alle zusammen können im Grunde nicht, wie sie möchten. Galy Gay, der Individualist, der nicht nein sagen kann und „gut verwendbar ist, weil er nichts zu verlieren hat“, wird umfunktioniert, sinnbildlich erschossen und beerdigt. Als vom Kollektiv umgewandelter Soldat Jip funktioniert er nach den Gesetzen der Gewalt. Doch sie alle sind nur kleine Rädchen im militärischen Getriebe von hunderttausend Soldaten, die in der nahenden Kriegsfront verheizt werden, was über das abgedunkelte, sepiafarbene Bühnenlicht und einen entsprechenden Sound assoziierbar wird. So mausert sich  „Mann ist Mann“ zum Anti-Kollektiv- und Anti-Kriegs-Stück.

Künstlerisches Team: Max Lindemann (Regie), Michel Wagenschütz (Bühne, Kostüme), Sonja Deffner (Musik), Benjamin Schwigon (Licht), Lukas Nowak (Dramaturgie)

Mit: Nele Trebs, Dominikus Weileder, Joana Damberg, Philipp Jacob, Till Raskopf, Maurice Läbe, Nele Rößler 

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