©Carlos Quezada
Mit dem „Pas de quatre Divertissement“ in der Choreographie von Anton Dolin nach Jules Perrot beginnt sich ein romantisches Gemälde durch die vier Solotänzerinnen wie in einer Traumvision zu beleben. Die Tänzerinnen verwandeln sich in liebreizende, für Momente schwerelos scheinende Feen, brillieren in perfekter Synchronie, das Karre in immer neuen Varianten auslotend, jede Tänzerin ein Traum fragiler Expression auf Spitze.
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Das männliche Pendant, Anton Dolins „Variations for Four“, bildet mit den vier Solotänzern und ihren fulminanten Sprungserien einen effektvollen Schlussakzent, nachdem schon das legendäre Pas de deux in Tschaikowskys „Schwanensee“ mit Iana Salenko und Marian Walter für Extraapplaus sorgte, so traumhaft schön wirkte die Symbiose von Elisabeth Heise-Glass wunderbar subtilem Geigenspiel und Iana Salenkos anmutiger, grazil flatternder Schwanen-Interpretation.
Vor diesem klassischen Hintergrund kamen die modernen Elemente umso effektvoller zur Wirkung. Bei Heinz Spoerlis Auszug aus dem „ Sommernachtstraum“ von Philipp Glass ist auf Spitze das klassische Ballett noch sehr präsent. Doch die drei Paare, die sich aus den Nebelschwaden in glitzernden Bodys bzw. Hosen herauskristallisieren, vertanzen die Erotik unserer Zeit sehr innovativ. In ausbalancierten Schräglagen, raffinierten Drehungen, geflexten Füßen, anspielungsreichen Hüftkreisen spiegeln sich Annäherungen und Abwehr. Nur kleine Gesten überlassen den Frauen die Führung, am Schluss hat doch wieder die Frau dem Mann zu folgen.
Fusion der Tanzstile ist auch in Mauro Bigonzettis Choreographien angesagt. In seinem „Cinque“ nach Vivaldi-Musik erweckt Polina Semionova im schwarzem Tutu in Lederoptik als charismatischer Todesengel vor düsterer Wolkenfront barockes Lebensgefühl zwischen exzessiver Leidenschaft und majestätischer Expression. Im Pas de Deux aus Bigonzettis „Kazimir´s Colours“ bringen Elisa Carrillo Cabrera und Mikhail Kaniskin in Strandkostümen sexuelles Begehren und körperliche Anziehungskraft sehr sinnlich zur Wirkung.
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Dinu Tamazlacaru sorgte mit Ben van Cauwenberghs „Les Bourgeois“ für ein amüsantes Intermezzo. Seine Casanova-Interpretation, ganz im Stil von Jacques Brels Chanson, ließ mit lässigen Schräglagen und Comedian Standards zwischen Schlipshochziehen, Zigaretten-Attitüde und frivoler Mimik französische Savoir-Vivre aufleben.
© Carlos Quezada
Ksenia Ovsyanick tanzte in Yabin Wangs Auszug aus „M – DAO“ nach der exotischen Musik von Jocelyn Pook mit weitem Tellerrock, wodurch ihre großräumigen Bewegungen noch dynamischer und energetischer zur Wirkung kamen und eine spirituelle Aura verbreiteten.
Irritierend war in dieser ganz auf Schönheit und Tanzästhetik ausgerichteten Gala allein Yolanda Correas Tanz „Du bist die Ruh´“ nach Franz Schubert. Mit Violoncello (Arne Christian Pelz) und Klavier (Alina Pronina) auf der Bühne live begleitet verwandelte sich Yolanda Correa in eine verzweifelte Tänzerin, die im Kontrast zum Titel nicht so recht ihre Ruhe findet. Den Fokus auf den tiefen Rückenausschnitt, bauen Correas Muskelpartien bewusst Buckelstrukuren der Unbegabten auf, die vergeblich versucht dieses romantische Lied adäquat zu vertanzen.
Choreografiert und getanzt von Alexander Abdukarimovs, entpuppte sich „Look Out From The Silence“ nach Musik von Enzio Bosso als originäres Spiel mit einer Pendellampe zwischen Hell und Dunkel, Hoffnung und Verzweiflung. Nicht zuletzt durch die raffiniert beleuchteten Profillinien seines Körper kam seine athletische Körpersprache faszinierend expressiv zur Wirkung.
Nicht alle Ensemblemitglieder hatten bedingt durch die AHA-Regeln die Gelegenheit zu tanzen. Um ihr Können dennoch für die neue Spielsaison zu zeigen. wurden alle Tänzerinnen und Tänzer zum Abschluss der Eröffnungsgala filmisch bei der Arbeit begleitet und porträtiert. Man möchte sie wieder alle auf der Bühne live erleben.
Nochmals zu sehen ist „From Berlin with Love“ vom 18.-20. September in der Berliner Staatsoper.