Berlin – „Aufzeichnungen aus dem Kellerloch“ von Fjodor M. Dostojewski im Berliner Ensemble

Theaterkritik "Aufzeichnungen aus einem Kellerloch" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Es schneit, leise Klangspiele im Hintergrund. Oliver Kraushaar, weiß geschminkt, verharrt in Schritthaltung, den Aktenkoffer in der Hand. „So viel Bewusstsein in eine Krankheit“, konstatiert er und kreist in dieser Haltung 20 Minuten lang. Dabei entwickelt sich ein spannender Monolog, der sich durch Erinnerungsphasen zum Spiel weitet, in dem er als gedemütigter Mensch ständig zwischen den Niederungen einer schnöden Wirklichkeit, idealistischen Träumen und ausbaufähigen Aggressionen chargiert. 
1864 erschienen Dostojewskis „Aufzeichnungen aus dem Kellerloch“, die über 150 Jahre viele Dichter und Denker inspirierten. Der stark reduzierte, von regionalen Zuordnungen befreite und damit generalisierte Text fokussiert weniger auf die Person und ihre Geschichte als auf das Umkreisen eines philosophischen Gedankens. Was ist letztendlich Vernunft? Wer entscheidet, was vernünftiges Handeln ist. Angesichts der Pandemie und des russischen Angriffskrieges ergeben sich viele aktuelle Assoziationen und Fragestellungen…