Eine großartige genderkritische Blaubart-Interpretation gelingt Regisseurin Katie Mitchell in der Bayerischen Staatsoper. Sie durchkreuzt die tiefenpsychologische Blaubart-Opfer-Rezeption und nimmt den Blaubart-Mythos als Projektionsfläche für das Phänomen eines seriellen Frauenmörders, Symbol einer männerdominierten Gesellschaft, die durch das opferwillige Verhalten der Frauen, nicht zuletzt bedingt durch die religiöse Indoktrination, unterstützt wird.
Als verdeckte Kommissarin taucht Judith nicht naiv, sondern wissend in Herzog Blaubarts Wohnung auf. Wie sie dahin kommt, zeigt im ersten Teil Ellie Thompsons spannende Filmsequenz, die durch das bunte pointillistische Lichtermeer, kalte und warme Lichtstimmungen einer nächtlicher Metropole Béla Bartóks impressionistisches „Konzert für Orchester“ atmosphärisch wunderbar visualisiert, gleichzeitig durch raffinierte Bildschnitte und Fokussierung auf die Pupillen eine simultane Perspektivität der Ermittlungsgeschichte zum Fall Blaubart aufbaut …