Alexander Calder©Louisiana
1958 wurde das Louisiana eröffnet, benannt nach den drei Frauen des Vorbesitzers, die alle Louise hießen. Das Museum sollte moderne dänische KünstlerInnen präsentieren, doch bereits nach wenigen Jahren weitete Museumsgründer Knud W. Jensen (1916-2000) inspiriert durch den Besuch der documenta 1959 seine Sammlertätigkeit auf internationale Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg.
Innerhalb von 40 Jahren entstand um die alte Patriziervilla durch die sukzessiven Anbauten des Nord-, West- abgesenkten Süd- und unterirdischen Ostflügels inklusive Konzertsaal, Panorama-Cafeteria, Kinderhaus und Museumsshop eine ringförmige Struktur, die sich schlicht und unauffällig an das stark bewegte Geländerelief schmiegt. Kunst und Natur gehen durch große Glasfronten ineinander über, werden zu einem sinnlichen Erlebnis der ganz besonderen Art. Seit 2000 entwickelt Poul Erik Tøjner die Konzeption des Museums als sozialer Ort weiter.
Im Louisiana steht nicht wie in vielen anderen Museen die Zeit still, hier bewegt sich etwas. Kunst wird nicht nur als geistiger Dialog, sondern auch emotional mit allen Sinnen erlebt, nicht nur gesehen, sondern auch gehört wie in Dennis Oppenheims „Attempt to Raise Hell“ (Versuch die Hölle zu erwecken). Auf Knopfdruck schlägt die Glocke laut an den Kopf des Mannes, auf dass er nachdenke.
„Attempt to Raise Hell“, Dennis Oppenheim©Michaela Schabel
Wunderbar sind die Skulpturen in den englischen Park integriert, der durch seine extremen Hänge, den Wechsel von Wiesen und uraltem Baumbestand zwischen See und Meer ein beeindruckendes Umfeld bietet. Je nach Lichteinfall, Perspektive und Jahreszeit entfalten die Figuren eine faszinierende Aura. Max Ernsts Dreiergruppe „La grande tortue“, Le grand génie“ und „Le grand assistant“ schaffen zwischen Bäumen eine magisch indigene Energie. Henry Moores „Two Piece Reclining“ (Zweiteilige Liege) hebt sich auf einer Geländekante wuchtig gegen den Horizont ab. Nobuo Sekine lässt einen schweren Steinblock auf einer verspiegelten Stele im Wald schweben. „Phasen des Nichts“ wie der Titel oder die Leichtigkeit des Seins? Diese Ambivalenz zwischen existentieller Wucht und verspieltem Zauber wird durch Alexander Calders großes Ensemble vor der Cafeteria mit Blick auf den Öresund und die Kinder, die jauchzend die Hänge hinabkugeln zum nachhaltigen Erlebnis, einmal mehr deutlich und zeigt darüber hinaus, wie Kunst den Alltag beflügelt.
Die Dauerausstellung, deren Werke bis auf wenige Ausnahmen immer wieder in neuen Konstellationen präsentiert werden, bietet große Namen von Picasso, Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Robert Rauschenberg, Cindy Sherman, Francis Bacon, David Hockney, über Yves Klein, Anselm Kiefer, Gerhard Richter, Per Kirkeby bis Ai Weiwei.
„Figures in Landscape“, Roy Lichtenstein©Louisiana, Foto: Michaela Schabel
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit können avantgardistische Richtungen wie Pop Art und Konstruktivismus, moderne Fotografie und Videokunst, individuelle Handschriften und nationale Schwerpunkte aus Dänemark, Deutschland und den USA spannend erlebt werden, allen voran Alberto Giacometti. Sein „L’Homme qui marche“ (Der schreitende Mann) ist nicht nur das wertvollste Kunstobjekt, sondern auch das konzeptionelle Symbol für das Louisiana, das immer in Bewegung ist.
„L‘ Homme qui marche“, Alberto Giacometti©Michaela Schabel
Der Giacometti-Raum in seiner Transparenz zur Natur mit Blick auf See und große Trauerweide wurde international zum Vorbild gelungener Werkpräsentation. Die Symbiose von Kunst und Natur lässt den empathischen Besucher in moderner Bizarrheit die archaischen Wurzeln und gesellschaftliche Bezüge emotional erleben. Schnell wird das Louisiana zu einem Lieblingsort, zu dem man gerne wieder zurückkehrt.