Salzburger Festspiele 2022 – Mozarts „Die Zauberflöte“ als Coming-Up-Geschichte im Traumformat um militärische Ebene erweitert

Opernkritik Salzburger Festspiele 2022 "Die Zauberflöte" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

Salzburger Sommerfestspiele, 2022, Schlussapplaus©Michaela Schabel

Gerade das ist aber bei Lydia Steiers Inszenierung der springende Punkt. Sie führt Mozarts große Oper auf das zurück, was sie ist, ein liebenswürdig unterhaltsames Bühnenspektakel. Zur Ouvertüre erfindet Lydia Steier eine Rahmenhandlung, womit sie „Die Zauberflöte“ kurz vor dem Ersten Weltkrieg in einem großbürgerlichen Haushalt verortet. Beim Abendessen explodiert die Stimmung. Der Vater rauscht ab, die Mutter bekommt einen hysterischen Wutanfall. Der Großvater beruhigt die drei quirligen Knaben mit einer Gute-Nacht-Geschichte, ein raffinierter Schachzug die Sprechpassagen der Oper als vorantreibende Handlungspassagen zusammenzufassen. Wenn der Großvater zu lesen beginnt, eröffnet sich ein neuer Kosmos, in dem über Märchen und Komik, Heldengeschichte und Mythos die wichtigsten Lebenserfahrungen für die drei Enkel voyeuristisch erlebbar werden.

Neu ist gegenüber der Inszenierung von 2018, dass die Machtbereiche der Königin der Nacht und Sarastros durch dokumentarische Projektionen aus dem Ersten Weltkrieg in ihrer menschenverachtenden Rigorosität hinterfragt werden und aktuelle Nachdenklichkeiten befördern, wer tatsächlich vertrauenswürdig ist.

Neue Besetzungen in den Hauptrollen mit Regula Mühlemann (Pamina), Brenda Rae (Königin der Nacht) und Tareq Nazmi (Sarastro) fügen sich spielfreudig und sängerisch vortrefflich ein. Joana Mallwitz am Dirigentenpult ist ein Erlebnis. Unter ihrer musikalischen Leitung gelingt eine temperamentvolle, peppige Zauberflöten-Version.

Eine ausführliche Besprechung von der diesjährigen „Zauberflöte“ bei Salzburger Sommerfestspielen erscheint in der nächsten Ausgabe von „Das Opernglas“. 

Künstlerisches Team: Joana Mallwitz (Musikalische Leitung), Lydia Steier (Regie), Katharina Schlipf (Bühne), Ursula Kudrna (Kostüme), Olaf Freese (Licht), Momme Hinrichs (Video), Ina Karr, Maurice Lenhard (Dramaturgie), Jörn Hinnerk Andresen (Choreinstudierung) 

In den Hauptrollen: Mauro Peter (Tamino), Regula Mühlemann (Pamina), Brenda Rae (Königin der Nacht), Tareq Nazmi (Sarastro), Michael Nagl (Papageno), Maria Nazarova (Papagena), Peter Tantsits (Monostatos), Roland Koch (Großvater),